Abschiebungen: CSU kritisiert rot-rot-grüne Zurückhaltung

Bayerns Innenminister Herrmann lehnt Information über Recht auf Härtefallantrag ab / Seehofer stellt Recht auf Familiennachzug in Frage / Altmaier: Regierung könnte CSU bei Transitzonen entgegenkommen

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat den von SPD, Grünen und Linkspartei regierten Bundesländern eine lasche Haltung bei der Abschiebung abgelehnter Flüchtlinge vorgeworfen. Dass es in anderen Bundesländern »vergleichsweise wenig Abschiebungen gibt, liegt vor allem an den dortigen politischen Vorgaben«, sagte der CSU-Politiker der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. Er kritisierte, dass Abschiebungen wie etwa in Thüringen im Winter ausgesetzt und zuvor angekündigt würden, was den Asylsuchenden Gelegenheit zum Untertauchen gebe. Auch dass abgelehnte Asylbewerber über ihr Recht zum Härtefallantrag informiert werden, lehnt Herrmann ab: »All das verzögert Abschiebungen oder macht sie sogar unmöglich.«

Der CSU-Innenminister begrüßte stattdessen, dass mit dem geplanten Gesetz zur Beschleunigung von Asylverfahren »einige dieser Praktiken« nicht mehr möglich seien. Mit mehr als 2.800 in diesem Jahr abgeschobenen Flüchtlingen liege Bayern bundesweit an der Spitze. Das rot-rot-grün regierte Thüringen hat laut »FAS« nach eigenen Angaben in diesem Jahr 161 abgelehnte Flüchtlinge abgeschoben. Bremen mit seiner rot-grünen Koalition gebe die Zahl der Abschiebungen in diesem Jahr mit 30 an.

Derweil hat sich CSU-Chef Horst Seehofer gegen Kritik zur Wehr gesetzt, er schüre rechte Ressentiments durch seine Äußerungen in der Flüchtlingspolitik. »Das hat nichts mit Rassismus und Ausländerfeindlichkeit zu tun«, sagte Seehofer der »Welt am Sonntag« aus Berlin. Den Vorwurf von SPD-Chef Sigmar Gabriel, er betreibe »Panikmache«, könne er »nun gar nicht mehr ernst nehmen«, sagte Seehofer weiter. Die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten hätten schließlich dieselben Sorgen wie er in Bayern. Diesen »Zickzackkurs« werde die SPD nicht durchhalten können.

Seehofer bekräftigte zugleich seine Kritik am Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): »Der jetzige Zuzug überfordert uns, es sind zu viele, es fehlen Maß und Ziel.« Der CSU-Chef stellte in der Zeitung auch das Recht auf Familiennachzug in Frage. »Wenn jemand in überschaubarer Zeit in sein Heimatland zurück muss, dann hat das keinen Sinn.« Dazu zählten auch Menschen, in deren Heimat die Bürgerkriege bald beendet sein könnten. Auch warnte er vor angeblichen Sicherheitsproblemen. So würden nach der Registrierung tausende Flüchtlinge verschwinden. »Das ist mehr als beunruhigend«, sagte Seehofer.

Der bayerische Ministerpräsident hatte das Vorgehen von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Merkel angesichts der Asylbewerberzahlen mehrfach scharf kritisiert, er sprach sogar von »Notwehr«. Zuletzt drohte Seehofer auch mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) hat unterdessen eine baldige Entscheidung über die Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge in Aussicht gestellt. Darüber werde gerade in der Koalition gesprochen, sagte der neue Koordinator der Bundesregierung für die Flüchtlingspolitik der »Bild am Sonntag«. Er gehe davon aus, »dass wir in den nächsten Tagen zu einer Entscheidung kommen«. Laut Altmaier könnten die vor allem von der CSU geforderten Transitzonen »ein vernünftiges Element« sein, sie allein würden das Problem aber nicht lösen.

Pläne für solche Zentren in Grenznähe, aus denen Asylbewerber nach einer Schnellprüfung wieder zurückgeschickt werden können, wurden unter anderem von den Vereinten Nationen kritisiert. Altmaier betonte in der »BamS«, die europäischen Gesetze stellten es den Mitgliedstaaten frei, solche Zentren einzurichten. Menschen, die kein Bleiberecht hätten, müssten schneller zurückgeführt werden. »Damit schaffen wir Platz.« Das Asylrecht müsse »endlich wieder auf diejenigen konzentriert werden, die wirklich verfolgt sind«.

Die Grünen haben die Bundesregierung derweil aufgefordert, sich endlich um die traumatisierten Flüchtlinge im Land zu kümmern. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) dürfe nicht länger nur auf die Zuständigkeit der Bundesländer verweisen, sondern müsse sicherstellen, »dass wir bundesweit schwer traumatisierten und psychisch kranken Menschen zeitnah eine angemessene Behandlung ermöglichen«, sagte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink der Deutschen Presse-Agentur.

Die Bundesregierung müsse dringend Finanzierung und Ausbau der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer sicherstellen. Klein-Schmeink kritisierte, dass nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in der Praxis kaum Psychotherapie bewilligt werde. Auch sollten die Kosten für Dolmetscherleistungen übernommen werden, denn ohne die sei eine vernünftige Behandlung selten möglich. »Die Situation der Flüchtlinge, die an den Folgen traumatischer Ereignisse leiden und keinen Zugang zu psychosozialer und psychotherapeutischer Versorgung haben, ist dramatisch«, sagte Klein-Schmeink. Agenturen/nd

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