Wahn und Willkür beendet

Oberlandesgericht Nürnberg ordnet Freilassung von Gustl Mollath an

  • Lesedauer: 1 Min.

Berlin (nd). Die Presse wartete schon, als der prominente Patient der Psychiatrie in Bayreuth das Krankenhaus verließ. Im Eiltempo hatte das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) am Dienstag die Freilassung Gustl Mollaths und die Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen ihn angeordnet.

Wenige Wochen vor der Landtagswahl in Bayern begrüßen dies Regierungskoalition und Opposition gleichermaßen. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), der in den vergangenen Monaten wiederholt mehr Tempo von den zuständigen Gerichten gefordert hatte, sagte, er sei zufrieden, dass die Justiz nunmehr sehr zeitnah entschieden habe. Doch zugleich erneuerten SPD und Grüne die Kritik am Vorgehen von Justizministerin Beate Merk (CSU). Sie habe zu spät die Brisanz des Falles erkannt, hieß es. SPD-Spitzenkandidat Christian Ude erklärte, ein Alptraum werde beendet, der das Ansehen der Justiz beschädigt und viel Misstrauen geschaffen habe. Dass ausgerechnet die Ministerin sich jetzt als Freiheitskämpferin für Mollath präsentieren wolle, sei »die verwegenste Geschichtsklitterung der letzten Jahre«. Vize-Ministerpräsident Martin Zeil (FDP) betonte dagegen, die OLG-Entscheidung zeige, »dass unser Rechtsstaat funktioniert«.

Eine Chronologie: Der Fall Mollath

November 2002: Gustl Mollath wird von seiner Frau wegen Körperverletzung angezeigt. Er bestreitet die Vorwürfe.

Mai 2003: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth erhebt Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung.

Dezember 2003: Mollath erstattet Strafanzeige gegen seine Frau, weitere Mitarbeiter der HypoVereinsbank und 24 Kunden wegen Steuerhinterziehung, Schwarzgeld- und Insidergeschäften.

Februar 2004: Die Anzeige wird von der Staatsanwaltschaft abgelegt. Die Angaben seien zu unkonkret für ein Ermittlungsverfahren.

Juni 2004: Mollath muss zur Begutachtung ins Bezirkskrankenhaus Erlangen, kommt aber wieder frei. Im Februar 2005 wird er in das Bezirkskrankenhaus Bayreuth eingewiesen. Dort bringt er fünf Wochen zu.

August 2006: Ein Gutachter bescheinigt Mollath wahnhafte psychische Störung und paranoide Symptome. Das Landgericht Nürnberg spricht Mollath wegen Schuldunfähigkeit frei, ordnet aber seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, weil er eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle.

März 2012: Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) sagt im Landtag, Mollaths Strafanzeige wegen der Bankgeschäfte seiner Frau sei nicht der Grund für seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gewesen. Seine Vorwürfe gegen die Bank hätten keinen begründeten Anfangsverdacht für Ermittlungen ergeben.

November 2012: Ein interner Bericht der HypoVereinsbank aus dem Jahr 2003 wird publik. Danach traf ein Teil von Mollaths Vorwürfen zu.

30. November 2012: Merk will den Fall Mollath neu aufrollen lassen und ordnet einen Wiederaufnahmeantrag an.

18. März 2013: Die Staatsanwaltschaft beantragt die Wiederaufnahme des Verfahrens.

26. April 2013: Der Mollath-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtages tritt erstmals zusammen.

09. Juli 2013: Der Untersuchungsausschusses geht zu Ende. Die Opposition sieht gravierende Fehler bei den Ermittlern und Merk und verlangt deren Entlassung. CSU und FDP sehen keine Fehler bei Merk.

24. Juli 2013: Das Landgericht Regensburg weist die Anträge zur Wiederaufnahme des Prozesses zurück. dpa/nd

 

Mollath selbst fühlte sich von der Entscheidung überfahren, wie sein Anwalt Gerd Strate verkündete. Seit sieben Jahren kämpfte er für seine Entlassung aus dem Bezirkskrankenhaus Bayreuth. Dort saß er ein, weil er an einer wahnhaften Störung leiden soll.

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