Zeichen der Zeit
Gabriele Oertel über eine Verwandtenaffäre in der christsozialen Familie
Zwischen der CSU-Landesgruppe in Berlin und den Parteioberen in München hat in der Vergangenheit schon öfter die Luft gebrannt. Was allerdings gerade zwischen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und CSU-Chef Horst Seehofer läuft, ist mehr als die übliche Grantelei. Mitten in der längst noch nicht überstandenen Verwandtenaffäre herrscht in der christsozialen Familie Uneinigkeit in der Beurteilung der Selbstbedienungsmentalität bayerischer Landtagsabgeordneter. Ausgerechnet Ramsauer, der sich im Merkel-Kabinett in den letzten vier Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, torpediert Seehofers hektisches Bemühen, sich als schonungsloser Aufklärer zu präsentieren und damit vier Monate vor der Landtagswahl verspieltes Terrain wieder gutzumachen. Der zeitweilig nach Berlin entsandte Minister gab zu Protokoll, dass die Wähler in Bayern die Beschäftigung von Verwandten in diversen Münchener Abgeordnetenbüros auf Kosten der Steuerzahler so schlimm nicht finden. Offenbar aber hat Bayerns Ministerpräsident vor Ort andere Erfahrungen mit dem Unmut vieler Wähler gemacht, ahnt möglicherweise zudem, dass die bisher stattgefundenen Rücktritte längst noch nicht reichen, um den zu besänftigen - und kachelte zurück, dass Ramsauer keine Ahnung habe. Es sei dahingestellt, wie ehrlich der öffentliche Rüffel gemeint ist - er zeigt aber immerhin, dass Seehofer nach Stuttgart 21, Guttenberg- und Wulff-Affäre die Zeichen der Zeit womöglich besser verstanden hat als manch anderer in der Union.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.