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Thomas Strobl ist konservativ, polarisierend und ohne Pardon
Als Vorsitzender des Immunitätsausschusses im Bundestag kommt Thomas Strobl selten zu Schlagzeilen in Berlin. Unter mangelnder Aufmerksamkeit hat er dennoch nicht zu leiden. In Baden-Württemberg ist der 52-Jährige eine große Nummer. Weil er dort CDU-Chef ist, ein lauter Kritiker der grün-roten Landesregierung und weil man jederzeit mit seinen gut platzierten Zwischenrufen rechnen muss. Jetzt hat der zielstrebige Konservative in einem Interview zu Ermittlungen gegen Gregor Gysi die LINKE provoziert und ist seither auch als Ausschussvorsitzender im Bundestag zumindest bei der LINKEN in aller Munde.
Formal könnte man das Ganze als juristische Erbsenzählerei abtun, wenn es für die LINKE nicht um so viel ginge. Als Jurist müsste Strobl einiges Verständnis für die Erregung aufbringen. Er selbst, eigentlich gern polarisierend, formuliert durchaus unverbindlich, wenn es passt. Seiner Parteikollegin Annette Schavan rief er nach ihrem Rücktritt als Bundesbildungsministerin das fragwürdige Alibi hinterher, da diese sich nun ganz auf den juristischen Doktor-Streit konzentrieren wolle, respektiere die CDU den Rücktritt.
Doch eigentlich mag Strobl lieber den direkten Angriff als die Finte, er hat dabei auch schon in Wespennester gestochen. So, als er 2009, damals Generalsekretär der CDU in Baden-Württemberg, das der Partei gewidmete Liederbuch »Lied.Gut« verantwortete und wegen des darin enthaltenen »Panzerliedes« aus der Nazizeit mächtig Ärger bekam. Vergeblich verteidigte er die »Volkslieder und Schlager für fröhliche Stunden« mit dem Verweis auf eine drohende »Bücherverbrennung« gegen das Einstampfen. Später warf er dem Gegner des geplanten unterirdischen S 21-Bahnhofs in Stuttgart Walter Sittler »mangelndes Demokratieverständnis« vor, weil dessen Vater einst für Reichspropagandaminister Joseph Goebbels gearbeitet habe. Der Karriere tat dies alles keinen Abbruch, Strobls Sorge um den konservativen Gehalt seiner Partei verschafft ihm Zuspruch in deren kampfstarken Teilen. Und die Ehe mit Wolfgang Schäubles Tochter Christine zusätzlichen Rückhalt, wie man vermuten darf.
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