Kein Königsweg für die Währungsunion

Wissenschaftliche Arbeit über die unterschiedlichen Optionen bei der Bewältigung von Staatsschuldenkrisen

Glaubt man den Aussagen der Euro-Krisenmanager und insbesondere der Bundeskanzlerin, haben Griechenland, Portugal & Co. nur eine einzige Möglichkeit, ihrer misslichen Lage zu entkommen: indem sie mit Brachialgewalt ihre öffentlichen Haushalte konsolidieren. Doch in der Welt der Staatsschulden ist derart eindimensionales, von ideologischen Scheuklappen geprägtes Denken wenig hilfreich.

Geradezu erfrischend anders ist da ein im Metropolis-Verlag erschienenes Buch von Christina Anselmann. Darin weist die Wirtschaftswissenschaftlerin von der Hochschule Karlsruhe darauf hin, dass »historische Reduktionen der öffentlichen Schuldenstandsquoten im Grunde stets auf eine bzw. eine Kombination aus mehreren der folgenden fünf Entwicklungen zurückzuführen waren: Inflation, Wirtschaftswachstum, Finanzrepression, Haushaltskonsolidierung und Zahlungsausfälle auf Inlands- und/oder Auslandsschulden«.

Das Buch ist vor allem für die deutsche Debatte wichtig. Hierzulande sehen die herrschende Lehre und weite Teile der Öffentlichkeit Staatsschulden generell als Übel. Dagegen erläutert Anselmann, wann staatliche Kreditaufnahme gerade für künftige Generationen wichtig ist und dass sie sich nicht negativ auf die Gesamtwirtschaft auswirken muss. Außerdem kann eine an makroökonomischen Notwendigkeiten orientierte Finanzpolitik für Schuldentragfähigkeit sorgen.

Die Publikation ist als wissenschaftliche Arbeit verfasst. Man sollte sich als Leser aber nicht schrecken lassen, wenn man auf die eine oder andere mathematische Formel stößt. Dafür wird man mit wichtigen Grundlagen versorgt, die für das Verständnis der Funktionsweise von Staatsschulden, aber auch deren Entwicklung wichtig sind. Die Wirtschaftswissenschaftlerin belässt es auch nicht bei theoretischen Feststellungen, sondern untersucht detailgenau unterschiedliche Fallbeispiele aus dem vergangenen Jahrhundert, wie Staaten eine ausweglos erscheinende Verschuldungssituation wieder in den Griff bekamen. Beim Deutschen Reich nach 1918 senkte die Hyperinflation die Schuldenquote auf nahezu Null, nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die Währungsreform eine ähnliche Wirkung. Die USA und Großbritannien setzten in dieser Zeit auf eine Mixtur aus künstlich niedrigen Zinsen und starkem Wirtschaftswachstum. Argentinien wiederum handelte 2002 einen Teilerlass seiner Auslandsschulden aus.

Anselmann weist mit Blick auf die aktuelle Debatte um die Euro-Staatsschuldenkrise aber auch deutlich darauf hin, dass die aufgezeigten möglichen Auswege teilweise kritisch in ihrer Wirkung zu sehen seien. Oder sie sind, wie das argentinische Beispiel, nicht übertragbar auf Griechenland & Co. Außerdem sei es auch »kaum angebracht, sich ausschließlich auf die Hoffnung zu stützen, die öffentlichen Schuldenquoten in naher Zukunft ausschließlich durch kräftiges Wirtschaftswachstum verringern zu können«. Die Autorin schlägt daher vor, ganz neue Wege wie den vorgeschlagenen Schuldentilgungsfonds genauer zu prüfen.

Auch wenn es für die Europäische Währungsunion also nicht den Königsweg gibt, wäre schon viel gewonnen, wenn das Euro-Krisenmanagement begreifen würde: Es gibt unterschiedliche Optionen bei der Bewältigung von Staatsschuldenkrisen.

Christina Anselmann: Auswege aus Staatsschuldenkrisen, Me-tropolis-Verlag, Marburg, 2012, 248 S., 22,80 Euro (als Download: 17,78 Euro).

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