Bindestrichfrau

Emine Demirbüken-Wegner wurde ins CDU-Präsidium gewählt

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

In nicht allzu ferner Vergangenheit waren Bindestrich-Nachnamen in der Bundesrepublik politisch markiert: Wer Meyer-Schulze oder ähnlich hieß, war meist linksliberal. Dass eine verheiratete Frau nicht den Namen des Mannes annahm, galt als Stellungnahme gegen das dominante Modell der ehegattengesplitteten Alleinverdienerfamilie. Und tatsächlich trugen viele der wenigen einflussreichen Frauen solche Doppelnamen.

Inzwischen hat sich das abgeschliffen. Auch in der CDU gibt es jetzt Frauen mit Doppelnamen, etwa Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die ist auch Mitglied im Präsidium - seit neuestem gemeinsam mit einer anderen Bindestrichfrau: Emine Demirbüken-Wegner, Berliner Gesundheits-Staatssekretärin. In ihrem Fall ist vor allem der erste Teil des Namens interessant.

Demirbüken-Wegner wurde 1961 im Süden der Türkei geboren. 1969 siedelte sie nach Berlin-Neukölln über, besuchte die Realschule, machte wiederum in der Türkei Abitur und studierte in Berlin. 1992 wurde sie eingebürgert, in der CDU ist sie seit 1995 - und seither oft die erste ihrer Art. 2002 rückte sie in den Berliner Landesvorstand auf, 2006 ins Abgeordnetenhaus nach. 2004 war sie die erste Migrantin im CDU-Bundesvorstand. Nun ist sie wiederum die erste Eingewanderte im Parteipräsidium, dem innersten Führungszirkel der CDU.

Die »Quotenmigrantin«, sagt Demirbüken-Wegner in Interviews, will sie dort nicht geben. Und tatsächlich ist eine Frau, die 2011 in Reinickendorf als bundesweit erste Türkischstämmige ein Landes-Direktmandat erringen konnte, durchaus nicht nur ein Aushängeschild. Dennoch weiß die zweifache, beruflich erfolgreiche Mutter selbst, dass ihr Aufstieg auch ein Signal senden soll: das einer Annäherung an all jene urbanen, ethnisch gemischten und nicht-traditionellen Milieus, zu denen die CDU den Kontakt zu verlieren droht. Ob sie dabei nur einen symbolischen Bindestrich abgeben wird oder ob sich die Geste mit Inhalt füllt, liegt - so sieht Demirbüken-Wegner das selbst - nicht zuletzt an der Art, wie sie den damit verbundenen Einfluss nutzt.


Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -