Europarat rügt Deutschland: Wenig Soziales im Staat

Europarat rügt Ampel wegen mangelndem Sozialstaat

Viel Brimborium, wenig am Teller. Ähnlich dem deutschen Sozialstaat.
Viel Brimborium, wenig am Teller. Ähnlich dem deutschen Sozialstaat.

Gleich an drei Stellen hinkt Deutschlands Sozialstaat laut einem Bericht des Europarats hinterher: bei der Bekämpfung von Armut, Wohnungsnot und Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen. Statt sich diesen Bereichen effektiv zu widmen, hielten sich menschenrechtsverachtende Narrative, so der Bericht. Darunter die Annahme, Menschen seien aufgrund ihrer eigenen Fahrlässigkeit von staatlicher Unterstützung abhängig. Die Einsicht, dass strukturelle Probleme hinter dem Zugang stehen, bleibe in Deutschland aus – und damit auch deren adäquate Bearbeitung.

Dunja Mijatović, Europaratskommissarin für Menschenrechte, hatte Deutschland Ende 2023 einen Besuch abgestattet und sprach nun Empfehlungen zu sozialen Rechten aus. Gegen die steigende Ungleichheit benötige es deutlich mehr Maßnahmen, stellt sie fest. Ein Aspekt, der in ihrem Bericht immer wieder vorkommt: Die zuständigen Behörden müssten besser aufeinander abgestimmt werden, um keine Missstände mehr zu übersehen.

Laut der Ampel entsprechen die Darstellungen »in vielen Teilen« nicht der Realität, und die Aussagen zum Ausmaß der Armut seien »nur eingeschränkt nachvollziehbar«. Ein Blick in die Zahlen sagt etwas anderes: In Deutschland waren 2022 laut Statistischem Bundesamt 20,9 Prozent der Bevölkerung von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Zahl hatte sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. Jede siebte Person war außerdem armutsgefährdet, verfügte also über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung. Darunter waren 2,2 Millionen Kinder. Im Bereich der Wohnungsnot sehen die Daten ebenso schlecht aus. Laut Auskünften des Dachverbands der Wohnungsnotfallhilfen in Deutschland ist die Zahl der wohnungslosen Personen allein von 2021 auf 2022 um 67 Prozent auf über 600 000 gestiegen.

Dementsprechend mahnen Sozialverbände die Bundesregierung, die Kritik des Europarates ernst zu nehmen. »Immer wieder gibt es Debatten darum, das Sozialbudget zusammenzustreichen, dabei brauchen wir keine angezogene Schuldenbremse, sondern Investitionen in das Sozialsystem. Auch wir finden, dass zu wenig gegen Armut getan wird«, sagt Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland zu »nd«. Sie fordert deswegen eine Verlängerung der Mietpreisbremse und mehr Sozialwohnungen, außerdem Reformen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und des Behindertengleichstellungsgesetzes sowie eine gute Kindergrundsicherung. »Der Bericht des Europarats sollte ein Weckruf sein. Die Menschen haben ein Anrecht auf einen soliden Sozialstaat«, stellt Bentele fest.

Auch Heidi Reichinnek, sozialpolitische Sprecherin und Vorsitzende der Gruppe Die Linke im Bundestag, fordert unisono mit Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, »eine Kindergrundsicherung, die diesen Namen verdient«. Reichinnek begrüßt außerdem »die Vorschläge des Europarats, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, notfalls auch mit Eingriffen in den Wohnungsmarkt«.

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