Vorsprung durch Technik?

Finanzminister will Wirtschaftskriminielle effizienter bekämpfen

Mit mehr Personal, moderner Technik und neuen Strukturen will Christian Lindner den Kampf gegen international agierende Wirtschafts und Finanzkriminelle intensivieren. Das teilte der Bundesfinanzminister am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung einer »neuen Strategie zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und Geldwäsche durch den Zoll« mit. Mit der Erarbeitung des entsprechenden Konzepts hatte er die Generalzolldirektion beauftragt, mit deren neuem Chef Tino Igelmann er dieses nun präsentierte.

Lindner sagte, es gelte, »hoch konspirativ und überwiegend international agierende Täterstrukturen auch weiterhin auf Augenhöhe zu bekämpfen«. Ziel müsse es sein, »uns gegenüber den kriminellen Strukturen einen Vorsprung zu erarbeiten, indem wir noch fokussierter, effizienter und schlagkräftiger werden«, so der FDP-Vorsitzende.

Allerdings wird noch viel Zeit ins Land gehen, bis der Effizienzbooster zum Einsatz kommt. Denn, so Lindner, er habe die Generalzolldirektion beauftragt, ein Bekämpfungszentrum für Organisierte Kriminalität (OK) im Zollkriminalamt aufzubauen – bis zum zweiten Quartal 2025. Im Zollfahndungsdienst und in der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sollen zudem, ebenfalls bis 2025, regionale OK-Ermittlungszentren entstehen. Geplant ist auch der Aufbau eines »Innovationszentrums für die technische Einsatz- und Ermittlungsunterstützung« beim Zoll. Dieser sei indes »bereits heute gut aufgestellt«.

Der Zollfahndungsdienst soll auch personell gestärkt werden. Konkrete Angaben dazu machte Lindner nicht. In der Pressemitteilung seines Hauses zur neuen Strategie heißt es dazu, für eine »personelle Stärkung im Zuge der Reform« würden »Planstellen aus bestehenden Haushaltvermerken priorisiert dem Zollfahndungsdienst zugeführt«. So würden die personellen Voraussetzungen für die Umsetzung der Planungen geschaffen, »ohne den Bundeshaushalt zusätzlich zu belasten«.

Bleibt also abzuwarten, wo Kräfte abgezogen werden. Zu befürchten steht, dass die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) bluten muss. Sie ist für die Überwachung von Baustellen, des Gastgewerbes und anderer Hotspots illegaler Beschäftigung zuständig. Zudem soll sie das Unterlaufen des gesetzlichen Mindestlohns und der Branchenmindestlöhne aufdecken und so künftig verhindern. Hierfür, beklagen der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), fehle Personal. Die IG BAU hatte deshalb zu Beginn dieses Jahres gefordert, die Zahl der Beamten der FKS auf mindestens 16 000 zu verdoppeln. Die Gewerkschaft begründete das auch damit, dass »im Krisenjahr 2023 mit deutlich mehr Schattenwirtschaft und illegaler Beschäftigung zu rechnen« sei.

Lindner zeigte sich derweil optimistisch, was den Erfolg der neuen Strategie betrifft. »Wir setzen da an, wo es die Kriminellen am meisten schmerzt, nämlich beim illegal erlangten Vermögen«, sagte der Minister. Daher würden auch spezialisierte Finanzermittlungs- und Vermögensabschöpfungseinheiten eingerichtet. Der Umfang des von Organisierter Kriminalität angerichteten Schadens lässt sich Lindner zufolge nur schwer beziffern. Er liege aber im Milliardenbereich.

Zollamtspräsident Igelmann betonte, im Bereich der OK würden »die Sachverhalte immer komplexer«. Die Täter agierten professionell, die Gewaltbereitschaft nehme zu. Man müsse es schaffen, Tätergruppen einen Schritt voraus zu sein. Daher sei das technische Innovationszentrum besonders wichtig.

Die Deutsche Steuergewerkschaft forderte, die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern erheblich zu verbessern. »Gerade wegen des Flickenteppichs bei den Zuständigkeiten von Bund und Ländern gilt Deutschland als beliebter Heimatort von Organisierter Kriminalität«, sagte ihr Vorsitzender Florian Köbler der »Augsburger Allgemeinen« (Donnerstagsausgabe). Wichtig sei deshalb eine zentrale Koordinationsstelle. Angesichts der Masse an Verdachtsmeldungen müsse zudem der Einsatz künstlicher Intelligenz Priorität bekommen.

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