Schlamperei beim Bamf

Flüchtlingsrat Niedersachsen: Behördenbescheide erreichen Asylsuchende nicht, weil Adressen nicht aktualisiert werden

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.

Fayola Abubakar (Name geändert) schreckte hoch, als Polizisten und Behördenmitarbeiter eines frühen Morgens im August letzten Jahres an ihrer Wohnungstür im kleinen Städtchen Dassel im Kreis Northeim (Niedersachsen) klingelten. Sie seien gekommen, um die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vorab schriftlich angekündigte Ausweisung zu vollziehen, erklärten die Beamten der bestürzten Frau. Die Abschiebung sollte im Rahmen der Dublin-Verordnungen nach Spanien erfolgen. Denn über das südeuropäische Land war die Nigerianerin in die Bundesrepublik eingereist.

Einen solchen Bescheid, gegen den sie sich noch rechtlich hätte wehren können, habe sie nie erhalten, versicherte Abubakar den unangemeldeten Besuchern. Sie hatte recht: Das entsprechende Schreiben hatte das Bamf an die Adresse der Niedersächsischen Landesaufnahmebehörde in Braunschweig geschickt, wo die Geflüchtete zunächst auch untergebracht gewesen war. Über den – von Behörden verfügten – Umzug nach Dassel hatte das Bundesamt niemand informiert.

Abubakar hatte Glück. Die Abschiebung sei abgebrochen worden, sagte die Göttinger Rechtsanwältin und Vorsitzende des Niedersächsischen Flüchtlingsrates, Claire Deery, dem »nd«. Inzwischen befinde sich die schwer traumatisierte Frau im Kirchenasyl. Deery ist optimistisch, dass die Geflüchtete ein Bleiberecht in Deutschland erhalten wird.

Ihre Geschichte ist kein Einzelfall. Nach Angaben des Flüchtlingsrats Niedersachsen erreichen immer mehr Bamf-Schriftsätze Geflüchtete nicht, weil ihre Adressen der Behörde nicht bekannt sind. Die Folge: Asylverfahren werden eingestellt und Bescheide rechtskräftig, die die Adressaten nie erreicht hätten. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom August 2020 die Verordnung des Bamf für rechtmäßig erklärt, nach der das Bundesamt nicht verpflichtet ist, eigenständig Nachforschungen zur Anschrift anzustellen oder Auskunft über das Ausländerzentralregister einzuholen.

Der Flüchtlingsrat fordert deshalb eine »Adressermittlungspflicht« des Bundesamtes. Zudem müssten die Landesaufnahmebehörde und die örtlichen Ausländerbehörden verpflichtet werden, dem Bamf Adressänderungen von Flüchtlingen von Amts wegen mitzuteilen, sagt der Geschäftsführer der Organisation, Kai Weber.

Rechtlich seien Asylbewerber verpflichtet, jede Änderung ihrer Adresse dem Bamf mitzuteilen, räumt Weber ein. Dies sei den Betroffenen oftmals aber nicht bewusst. Der Flüchtlingsrat weist darauf hin, dass Asylsuchende oft erst nach mehreren Monaten auf die Kommunen »verteilt« und zwischen verschiedenen Aufnahmeeinrichtungen des Landes »hin- und hergeschoben« werden. So würden Geflüchtete beispielsweise zunächst in der Erstaufnahme Bad Fallingbostel/Oerbke untergebracht, anschließend zur Registrierung in die Messehallen nach Hannover geschickt und vier Wochen später erneut nach Fallingbostel. Es folge eine erneute Unterbringung in einer Messehalle in Hannover. Erst dann werde den Betroffenen eine kommunale Unterkunft oder Wohnung zugewiesen.

Die vielen Änderungen der Meldeadresse würden dem Bamf aber von den Behörden nicht mitgeteilt, kritisiert Weber. »Die ganze Verantwortung bei dieser selbst für Deutsche schwer durchschaubaren Behördenkonstellation allein den Antragstellern aufzubürden, ist trotz der formalen Belehrungen durch das Bamf nicht in Ordnung.«

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