Immer noch keine Garantie für körperliche Unversehrtheit

Trotz erster Verbesserungen geht der Kampf für die Rechte intergeschlechtlicher Menschen weiter

  • Lilli Mehne
  • Lesedauer: 3 Min.

An diesem Mittwoch ist der internationale »Intersex Awareness Day«, an dem auf die rechtliche und gesellschaftliche Situation intergeschlechtlicher Personen aufmerksam gemacht wird. Aktivist*innen nutzten den 26. Oktober viele Jahre vor allem, um für ein Verbot medizinisch nicht notwendiger Operationen bei intergeschlechtlichen Kindern und Babys zu kämpfen. Seit Mai 2021 gibt es ein Gesetz, das diese Forderung umsetzen soll. Lucie Veith vom Bundesverband Intergeschlechtliche Menschen e.V. nennt das Gesetz einen »überfälligen ersten Schritt in die richtige Richtung, aber längst nicht ausreichend«. Kinder, deren Genitalien nicht eindeutig in die Kategorien männlich oder weiblich passten, seien aufgrund der erheblichen Lücken des Gesetzes nach wie vor nicht ausreichend geschützt.

Zwar ist seit Mai 2021 verboten, »Kinder mit Varianten der Geschlechtsentwicklung« zu operieren, wenn der Grund für die Operation allein die Anpassung an weibliche oder männliche Normen ist. Jedoch gibt es keine rechtliche Definition dazu, was genau eine »Variante der Geschlechtsentwicklung« darstellt und was nicht. Lucie Veith sieht hier die Gefahr, dass Mediziner*innen »da auch Dinge ganz geflissentlich übersehen können« und so weiterhin intergeschlechtliche Kinder ohne eine medizinische Notwendigkeit operiert werden könnten. Außerdem gebe es keine Regelungen für den Fall, wenn die Operationen außerhalb Deutschlands durchgeführt würden. »Wer Geld hat, geht einfach ins Ausland und lässt sein Kind dort operieren.«

Die im Gesetz festgelegte Evaluierung der eingeführten Regelung, die nach fünf Jahren vorliegen muss, begrüßt Veith. Das Problem daran sei allerdings, dass es keine zentrale Erfassung von genitalverändernden Operationen an Kindern gebe. »Wie soll die Evaluierung ohne diese Daten denn stattfinden?«, fragt Veith im Gespräch mit »nd.derTag«.

Das Verhältnis zur Medizin ist für viele intergeschlechtliche Menschen schwierig. Denn ihre Körper werden von Mediziner*innen oftmals als fehlerhaft eingeordnet, weil sie nicht eindeutig in die Kategorien weiblich oder männlich passen. Dabei liege das Problem nicht bei den intergeschlechtlichen Menschen, »sondern an dem verstellten Blick, den die meisten auf das Spektrum natürlicher Geschlechtlichkeit haben«, so Veith.

Nicht alle intergeschlechtlichen Menschen werden direkt bei der Geburt als solche erkannt. Intergeschlechtlichkeit ist nämlich ein Sammelbegriff für verschiedene Abweichungen von eindeutig weiblichen oder männlichen Geschlechtsmerkmalen. Dazu gehören diverse Varianten von Genitalien und/oder Geschlechtschromosomen, aber auch Hormone können eine Rolle spielen. Aufgrund dieses breiten Spektrums verschiedener Formen von Intergeschlechtlichkeit ist die Häufigkeit nur schwer einzuschätzen. Je nach Quelle variiert die Schätzung von weniger als 0,1 Prozent der Bevölkerung bis zu 1,7 Prozent.

Auch lässt sich von der Intergeschlechtlichkeit einer Person nicht auf die geschlechtliche Identität schließen. Manche verstehen sich als Frauen oder Männer, andere verorten sich anders im Spektrum der Geschlechtlichkeit. Das führt dazu, dass Intergeschlechtlichkeit auch manchmal in Diskussionen über die Rechte von trans Menschen thematisiert wird. Veith meint dazu: »Es gibt auf der einen Seite Gemeinsamkeiten, zum Beispiel wird sowohl das Selbstbestimmungsrecht von intergeschlechtlichen Kindern als auch das von trans Kindern verletzt.« Bei intergeschlechtlichen Kindern geschehe das durch medizinisch nicht notwendige Operationen, trans Kinder hingegen seien häufiger von Schwierigkeiten bei der Änderung des Geschlechtseintrags betroffen. Es sei nichtsdestotrotz wichtig, die spezifischen Herausforderungen anzuerkennen, vor die intergeschlechtliche Menschen in ihrem Leben gestellt würden. Lucie Veith fasst zusammen: »Die körperliche Unversehrtheit und menschliche Würde von intergeschlechtlichen Kindern muss respektiert werden. Jede Andersbehandlung aufgrund des Geschlechts stellt eine Diskriminierung dar.«

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