Der Junior-Partner will ganz groß raus
Die Berliner Grünen starten auf ihrem Online-Parteitag mit ihrem Wahlprogramm und geben große Ziele aus
Inhalte vor Personen - diesen Leitsatz haben die beiden Landesvorsitzenden der Berliner Grünen, Nina Stahr und Werner Graf, vor ihrem Online-Parteitag am Mittwochabend klar ausgegeben. Heißt: Bevor die Spitzenkandidat*innen für die Abgeordnetenhauswahl bekannt gegeben werden, die, wenn es nach den Grünen geht, parallel zur Bundestagswahl am 19. oder 26. September 2021 stattfinden soll, muss erst einmal das Wahlprogramm festgezurrt werden.
Damit wollen die Grünen am Mittwochabend beginnen. Das Motto steht schon fest: »Die Zukunft ruft nach uns. Berlin braucht ein grünes Programm für morgen«. Bis zum 31. Juli haben die rund 9750 Mitglieder Zeit, Vorschläge einzureichen. In einem sogenannten Zukunftsrat, der aus elf Facharbeitsgruppen besteht, soll das Programm erarbeitet und im Anschluss mit den Mitgliedern diskutiert werden. Auf dem Landesparteitag am 28. November wird dann über die Spitzenkandidat*innen entschieden und am 8. Januar 2021 das Wahlprogramm veröffentlicht und im März verabschiedet.
Inhaltlich haben die beiden Landesvorsitzenden am Mittwoch schon mal grobe Schwerpunkte vorgegeben. So steht - wenig überraschend - vor allem eine nachhaltige Klimapolitik im Vordergrund. »Wir haben die Verkehrswende bereits eingeleitet, sind aber noch lange nicht am Ziel«, so Graf. Die Klimakrise dürfe auch in der Coronakrise nicht vergessen werden, betont der Landesvorsitzende: »Es fängt schließlich nicht auf einmal an zu regnen, nur weil wir uns jetzt mit Corona beschäftigen«, sagt er mit Blick auf die anhaltende Dürreperiode. »Wer die Klimakrise immer noch als Spielerei betrachtet, hat nichts verstanden.« Schließlich zeigten sich deren Folgen erst, wenn es bereits zu spät sei.
Aber auch andere Themen wollen die Grünen in ihrem Parteiprogramm angehen: Etwa die Lage der Berliner Erzieher*innen und Lehrer*innen, des Pflegepersonals, die steigenden Mieten und Wohnungsnot sowie rassistische Diskriminierung, Hass und Hetze.
Mit Blick auf die kommenden Wahlen gibt sich die Partei selbstbewusst: »Zurzeit sind wir Juniorpartner, wir haben aber vor, beim nächsten mal ein relevanter Player zu sein«, sagt Landesvorsitzende Nina Stahr. »Wir sind nicht mehr die kleine Partei, die wir in der Vergangenheit waren.« Die gestiegenen Mitgliederzahlen und Umfragewerte geben ihr Recht: Waren die Grünen bei den letzten Abgeordnetenhauswahlen noch drittstärkste Kraft, lagen sie in den vergangenen Monaten kontinuierlich vorn.
Dass sie in den jüngsten Umfragen einige Prozentpunkte verloren haben und mittlerweile von der CDU überholt wurden, macht Stahr keine Sorgen. Die Berliner CDU profitiere zurzeit vor allem vom Aufschwung der Union im Bund, die in der Coronakrise eine gute Figur mache. Dies sei aber nur eine Momentaufnahme: »Was von der Berliner CDU kommt, ist oft rein populistisch und nicht konstruktiv.« Laut einer Umfrage von Infratest dimap von Ende April liegen die Christdemokrat*innen derzeit mit 23 Prozent vorn, gefolgt von den Grünen mit 21 Prozent.
Ob sie sich trotzdem vorstellen können, mit der CDU künftig zusammen zu regieren? »Wir arbeiten in der rot-rot-grünen Koalition gut zusammen, es wäre gut, wenn das weitergeht«, stellt Werner Graf klar.
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