Drei minus für die Notkoalition
Halbzeit beim Dreierbündnis in Sachsen-Anhalt
Magdeburg. Sachsen-Anhalts LINKE hat der schwarz-rot-grünen Landesregierung zur Hälfte der Wahlperiode fehlende Entschlossenheit vorgeworfen. Die Koalition aus CDU, SPD und Grünen profitiere zwar von äußeren Rahmenbedingungen wie der guten Wirtschaftslage, sagte Fraktionschef Thomas Lippmann am Donnerstag. »Sie schwimmt in diesem Strom aber immer hinterher.« Aus der Entwicklung und aus dem Geld, das zur Verfügung stehe, mache die Regierung zu wenig. »Unsere Unzufriedenheit mit dem, was die Landesregierung zustande bringt, ist groß«, sagte Lippmann.
Der LINKE-Fraktionschef führt die Situation auch auf die inhaltlichen Unterschiede zwischen den Koalitionspartnern zurück. Der kleinste gemeinsame Nenner des Bündnisses sei fachlich so klein, dass Lösungen zu spät oder gar nicht kämen. »Und wenn sie kommen, reichen sie nicht aus«, sagte Lippmann. Er verwies etwa auf bestehende Probleme beim Lehrermangel. Auch das neue Gesetz zur Kinderbetreuung werde kaum Verbesserungen für Kinder, Eltern und Erzieher bringen. Die nach den Farben der Flagge Kenias benannte Koalition regiert seit April 2016.
Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Wolfgang Renzsch könnte die deutschlandweit erste derartige Koalition auf Landesebene jedoch durchaus bis zum Ende der Wahlperiode 2021 halten. Die ersten zweieinhalb Jahre des Magdeburger Kenia-Bündnisses hätten gezeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen den ungleichen Partnern im Großen und Ganzen funktioniere, sagte der emeritierte Professor der Universität Magdeburg der dpa. Entscheidend für den Fortbestand der Koalition in Sachsen-Anhalt sei aber auch der Mangel an Alternativen. »Für jeden der drei Partner würden vorgezogene Neuwahlen ein hohes Risiko bedeuten«, sagte Renzsch.
Zur Hälfte ihrer Amtszeit stellte der Experte dem Bündnis eine durchwachsene Bilanz aus. Gut könne man die Zusammenarbeit noch nicht nennen. »Alles in allem würde ich eine drei minus vergeben«, sagte Renzsch. Die Koalition sei keine einfache, weil sich grundlegende politische Risse zwischen den Partnern zeigten. Beobachten lasse sich das vor allem in der CDU-Fraktion, die in Teilen mit den Grünen gut könne und in Teilen eher der AfD zuneige.
Zusammen mit mehreren Ministern zog Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) am Donnerstag eine Halbzeitbilanz. Die Legislaturperiode dauert noch bis zum Frühjahr 2021. Die ungewöhnliche Regierungskoalition war nötig geworden, weil die AfD bei der Landtagswahl 2016 auf Anhieb fast ein Viertel der Stimmen bekommen hatte. Die zuvor regierende Koalition aus CDU und SPD hatte ihre Mehrheit verloren.
Renzsch sagte, der Koalition fehlten zwar bisher große Erfolge. »Fette Skandale hat sie bisher aber auch nicht produziert.« Er kritisierte, dass die Grünen und ihre Spitzenkandidatin Claudia Dalbert auf dem Umweltressort bestanden hatten. »Da wurde unnötig Reibungsfläche geschaffen.« Es wäre besser gewesen, wenn sich Dalbert als langjährige Bildungspolitikerin auf dieses Thema konzentriert hätte. dpa/nd
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