• Politik
  • Regierungsbildung in Schweden

Löfvens Nachfolge bleibt offen

Reichstag spricht dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Misstrauen aus / Regierungsbildung ungewiss

  • Nelli Tügel
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei Versprechen hat die bürgerliche Allianz, bestehend aus vier Parteien unter Führung der Moderaten, den schwedischen Wählern gemacht: Man werde die Regierungszeit von Rot-Grün, die sich in den vergangenen vier Jahren von der Linkspartei tolerieren ließen, beenden und man werde nicht mit den rechten Schwedendemokraten zusammenarbeiten.

Seit die Ergebnisse der Reichstagswahlen, die vor knapp zwei Wochen stattfanden, vorliegen, ist klar: Eines dieser Versprechen muss wohl gebrochen werden. Denn auch die bürgerliche Allianz hat keine Mehrheit für eine Regierungsbildung beziehungsweise kann nicht sicherstellen, im Falle einer in Schweden durchaus üblichen Minderheitsregierung keine aktive Mehrheit gegen sich im Parlament zu haben. Eine Tolerierung haben die Schwedendemokraten bereits am Wahlabend angeboten - bisher zieren sich die Moderaten allerdings. Bei der Erfüllung ihres ersten Wahlversprechens, Stefan Löfven abzuwählen, haben sie nun Wort gehalten. Möglich war dies indes nur mit den Stimmen der Schwedendemokraten. Ob dies nun ein Menetekel für die weitere Zusammenarbeit mit den Rechten ist, wird sich in den kommenden Wochen erweisen.

Die politischen Lager in Schweden

In Schweden gibt es zwei große politische Lager, die - bis auf wenige Ausnahmen - in der Regel die Regierung, oft auf Minderheitskabinette, stellen. Die bürgerliche Allianz besteht aus Moderaten, grün-liberaler Zentrumspartei, den Christdemokraten und den Liberalen. Das rot-grüne Lager besteht aus Sozialdemokraten und Grünen - die in den vergangenen Jahren die Regierung gestellt haben - sowie der Linkspartei. Bei den Wahlen am 9. September haben die Sozialdemokraten gewonnen, ihr Block ist allerdings nicht regierungsfähig. Doch auch das bürgerliche Lager hat keine Mehrheit im Parlament, es sei denn, es lässt sich von den rechten Schwedendemokraten tolerieren, die drittstärkste Kraft wurden. Es gibt Kräfte bei den Moderaten, die dafür offen sind. nd

Was war passiert: Am Montag wurde im neugewählten Reichstag über den Posten des Parlamentspräsidenten abgestimmt - in geheimer Wahl. Die Schwedendemokraten hatten im Vorfeld öffentlich angekündigt, für den Kandidaten des bürgerlichen Blocks, Andreas Norlén, stimmen zu wollen. Dieser wurde dann auch gewählt und ist nun in der Position, einen neuen potenziellen Ministerpräsidenten mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Er kann dies vier Mal tun. Sollte keiner eine regierungsfähige Mehrheit zustande bekommen, stehen Neuwahlen auf der Tagesordnung.

Am Dienstagmorgen dann kam das Parlament in Stockholm zusammen, um über einen Misstrauensantrag des bürgerlichen Lagers gegen Stefan Löfven abzustimmen. 204 Abgeordnete stimmten für den Misstrauensantrag, 142 votierten dagegen. Das heißt, dass auch hier die Schwedendemokraten mit der bürgerlichen Allianz gestimmt haben. Damit ist vorerst sicher, dass es Rot-Rot-Grün nicht geben wird, das war allerdings schon nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses unwahrscheinlich, wenigstens solange die vier Parteien der bürgerlichen Allianz zusammenhalten.

Spekuliert wurde zwischenzeitlich, ob Annie Lööf, Chefin der Zentrumspartei vielleicht ausscheren und die Seiten wechseln könnte - wenn sie dafür Regierungschefin einer Mitte-Links-Regierung wird. Bislang ist in diese Richtung nichts passiert. Doch sollte Ulf Kristersson, Chef der Moderaten und wohl derjenige, der nun zunächst mit der Regierungsbildung beauftragt wird, scheitern, könnte diese Option wieder auf die Agenda gelangen.

Und das ist wahrscheinlich: Denn der Appell Stefan Löfvens vom Wahlabend, die schwedische Blockpolitik zu beenden - also eine Große Koalition zu bilden - ist von Kristersson bislang unerhört geblieben. Ihm bleibt damit im Grunde nur die Option, doch auf das Angebot einer Tolerierung durch die Schwedendemokraten einzugehen.

»Kristersson kann nur mit meiner Hilfe Staatsminister werden«, betonte Jimmie Åkesson, Chef der Rechten, denn auch. Innerhalb der Moderaten gab es bereits vor den Reichstagswahlen Stimmen, die die Öffnung für eine solche Tolerierung von rechts forderten. Allerdings wäre dies gleichzeitig auch das Ende der bürgerlichen Allianz, denn Annie Lööf vom Zentrum wiederum schließt jede Zusammenarbeit mit den Schwedendemokraten kategorisch aus.

Wie es nun weitergeht bleibt somit höchst ungewiss. Der Machtpoker - inzwischen eher eine Art 3D-Schach - aufgrund der Pattsituation nach den Wahlen geht munter weiter. Zunächst bleibt Löfven geschäftsführend im Amt. Möglicherweise für eine ganze Weile, denn eine stabile Regierung ist noch nicht in Sicht.

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