Ein scharfer Schnitt

Woinowitsch gestorben

  • Lesedauer: 2 Min.

Der russische Schriftsteller Wladimir Woinowitsch ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Das bestätigte seine Familie am Samstag in Moskau. Berichten zufolge erlag er einem Herzanfall.

Woinowitsch hatte von 1980 bis 1990 in Deutschland gelebt, weil ihm die Sowjetunion die Staatsbürgerschaft entzogen hatte. Er gilt als satirischer Zeitkritiker seines Landes und hat mehrere Preise erhalten, darunter 2016 den Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte. Er soll am Montag in Moskau beigesetzt werden.

Wegen seiner systemkritischen Erzählungen war Woinowitsch 1974 aus dem sowjetischen Schriftstellerverband ausgeschlossen worden und 1980 in die Bundesrepublik gekommen. Dort lebte und arbeitete er in München. Seine Werke wie »Ein Vorfall im Hotel Metropol« (1979) oder »Moskau 2042« (1986) zeigen am Beispiel von alltäglichen Unzulänglichkeiten die Ineffizienz des kommunistischen Plansystems. Besonders bekannt wurde er für seinen satirischen Schelmenroman »Die denkwürdigen Abenteuer des Soldaten Iwan Tschonkin«, der unter anderem in den 1960er und 1970er Jahren im westlichen Ausland veröffentlicht wurde.

Russische Kulturschaffende bezeichneten Woinowitschs Tod als großen Verlust.

Kulturminister Wladimir Medinski sagte, Woinowitsch sei ein Mensch mit klaren Position gewesen. »Sein Schaffen war immer ein scharfer Schnitt der Wirklichkeit, meisterhaft vermittelt mit einer lebendigen und unterhaltsamen Sprache«, schrieb er an die Angehörigen. Woinowitsch habe auch einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Meinungsfreiheit geleistet, sagte Medinski.

Woinowitsch wurde 1932 in Stalinabad geboren, dem heutigen Duschanbe in Tadschikistan. Nach dem Zweiten Weltkrieg machte er eine Handwerkerausbildung und arbeitete zunächst in einer Aluminiumfabrik. 1956 zog er nach Moskau, schrieb sich an der Universität ein und arbeitete als Redakteur beim sowjetischen Radio.

Woinowitsch engagierte sich für Menschenrechte und setzte sich auch für die Rechte von Schriftstellern in der UdSSR ein. Aufgrund seiner kritischen Haltung zur Staatsmacht wuchs der Druck, weshalb er ins Exil ging. 1990 erhielt er die sowjetische Staatsbürgerschaft zurück und zog wieder nach Russland. dpa/nd

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