Stunde der Thüringer Tausendsassa
Verzögert die CDU die Etat-Verabschiedung?
Thüringens CDU-Landtagsfraktion hat weit mehr als 1000 Änderungsanträge zum Doppelhaushalt 2018/2019 von Rot-Rot-Grün vorgelegt. Kann der Etatplan des Freistaates unter diesen Umständen überhaupt wie geplant verabschiedet werden? Vertreter des Regierungsbündnisses jedenfalls halten am Vorsatz fest, den Doppelhaushalt des Landes im Januar zu verabschieden - und dem Freistaat damit nicht mehr als ein paar Wochen der sogenannten vorläufigen Haushaltsführung zuzumuten.
»Insgesamt sind die CDU-Anträge kein Anlass, den rot-rot-grünen Fraktionen Sorge zu bereiten«, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey. CDU-Fraktionschef Mike Mohring hatte angekündigt, seine Fraktion wolle fast 1200 Änderungsanträge zum rot-rot-grünen Haushaltsentwurf stellen. Damit wolle die Union den Weg zu einem Haushalt weisen, in dem 2018 und 2019 insgesamt 488 Millionen Euro weniger Geld ausgeben werden müssten als von LINKEN, SPD und Grünen vorgeschlagen - während es gleichzeitig mehr Geld unter anderem für die Kommunen geben könne.
Auch der haushaltspolitische Sprecher der Linksfraktion, Mike Huster, sagt, er gehe fest davon aus, dass der Doppelhaushalt 2018/2019 im Januar verabschiedet werden könne - auch wenn es theoretisch die Möglichkeit gebe, dass die Union die Beschlussfassung dazu verzögert.
Dies schloss ein Sprecher der Unions-Fraktion allerdings aus. Die CDU habe kein Interesse, die Haushaltsberatungen zu verschleppen, sagte er. Auch in seiner Fraktion halte man es für realistisch, den Haushalt im Januar zu verabschieden. Zugleich werfen sich Vertreter der Koalition und der CDU erneut gegenseitig vor, dafür verantwortlich zu sein, dass über den Etat erst im Januar und nicht im Dezember abgestimmt werden kann. Das bedeutet unter anderem, dass Anfang 2018 keine neuen Fördergelder ausgereicht werden können: In der vorläufigen Haushaltsführung darf der Freistaat nur solche Leistungen bezahlen, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist - wie die Bezahlung seiner Angestellten und Beamten. Die fehlenden Beträge etwa für Sozialeinrichtungen werden in der Regel aber nachgezahlt.
Nach Angaben Husters könnte die CDU-Fraktion theoretisch einen Teil ihrer 1200 Änderungsanträge nicht nur im zuständigen Haushaltsausschuss, sondern auch im Plenum beraten lassen - und so den Zeitplan zur Verabschiedung des Etats torpedieren. Aber auch er glaube nicht, dass die CDU diesen Weg wirklich gehe, sagte er. Zuletzt hatte es aus den Reihen von Rot-Rot-Grün heftige Kritik daran gegeben, dass die CDU in den Haushaltsberatungen auch kleinste Positionen der Etatplanungen der Landesregierung hinterfragt hatte. Einzelne LINKE hatten Mohring deshalb als »Büroklammer-Mike« verspottet.
Sowohl Hey als auch Huster sagen, in der Vergangenheit seien bei Haushaltsberatungen im zuständigen Ausschuss auch schon mehr als etwa 1200 Änderungsanträge beraten worden. »Im Herbst 2010 musste der Haushalts- und Finanzausschuss für den Haushalt 2011 über insgesamt 1358 Änderungsanträge abstimmen, wobei circa 1300 Anträge von der Opposition stammten«, sagt Hey. Das habe damals das Gleiche bedeutet wie jetzt: Dass die Anträge alle einzeln im Ausschuss aufgerufen werden und die Abgeordneten deshalb mehr als 1000-mal ihre Hand heben. Huster sagt, das lasse sich allerdings innerhalb einiger Stunden erledigen. Den Mehrheiten im Landtag folgend, dürften die allermeisten der CDU-Anträge von Rot-Rot-Grün abgelehnt werden.
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