Eigentumsfrage beim Klimaschutz
Umwelthilfe und Mieterbund fordern Sofortprogramm für die Gebäudesanierung
»Energetische Gebäudesanierung« - was Umweltschützer als zentralen Baustein beim Klimaschutz ansehen, ist für viele Mieter ein Schreckgespenst. Derartige Maßnahmen können auf Grundlage der bestehenden Regelungen die Miete erheblich verteuern: So dürfen Hausbesitzer bis zu elf Prozent der Modernisierungskosten zeitlich unbefristet auf die Jahresmiete draufschlagen. Für manche Mieter bedeutet dies letztlich sogar, umziehen zu müssen.
Um die Akzeptanz für die Gebäudesanierung zu fördern und den Klimaschutz sozialverträglicher zu gestalten, fordern der Deutsche Mieterbund (DMB) und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine deutliche Absenkung der Modernisierungsumlage auf sechs Prozent. Dies wäre immer noch viel, wenn man sich die äußerst geringen Finanzierungskosten dank der aktuellen Niedrigstzinsen vor Augen halte, sagte DMB-Geschäftsführer Ulrich Ropertz bei der Vorstellung eines gemeinsamen Sechs-Punkte-Sofortprogramms am Montag in Berlin. Er machte darauf aufmerksam, dass Preiserhöhungen die ortsübliche Miete erhöhen - bei Gebäude eines Typs in einer bestimmten Gegend steigen die Mieten, selbst wenn sie gar nicht saniert sind. Aus diesem Grund müsse im Mietspiegel die energetische Beschaffenheit von Gebäuden künftig extra aufgeführt werden.
Umwelthilfe und Mieterbund möchten dafür sorgen, dass die Miete wegen energetischer Modernisierungen um nicht mehr als 1,50 Euro je Quadratmeter in einem Zeitraum von acht Jahren steigen darf. Dabei wäre es hilfreich, wenn öffentliche Fördermittel nicht länger auf die Modernisierungskosten angerechnet werden, sondern dem Eigentümer direkt zugute kommen. Das würde die Förderung aus ihrem Schattendasein holen und zudem die Mieter entlasten.
Beide Verbände hoffen, dass die künftige Regierung mehr für die energetische Gebäudesanierung tut als die bisherige. Diese hatte die steuerliche Absetzbarkeit von Modernisierungsmaßnahmen angekündigt, eine für Besitzer von Einfamilienhäusern wichtige Maßnahme. Dies scheiterte an der CSU und einigen Ländern, die Kompensationen für entgehende Steuereinnahmen forderten. DMB-Chef Ropertz ist skeptisch, dass sich mit Jamaika etwas ändern würde: CDU und CSU regieren ja weiter.
Dennoch liegt die Notwendigkeit auf der Hand: Auf den Gebäudebestand entfallen rund 30 Prozent des energiebedingten CO2-Ausstoßes in Deutschland. Größter Emissionsposten bei Privathaushalten ist das Heizen mit fossilen Brennstoffen wie Erdgas und Heizöl. In unsanierten Häusern geht zudem rund die Hälfte der Energie durch Dach und Fenster verloren. Die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz geht davon aus, dass noch jedes zweite Gebäude saniert werden muss. Es sei falsch, wenn die Wohnungswirtschaft die Energieeffizienz-Anforderungen für steigende Baukosten verantwortlich macht. Diese seien vor allem auf das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage, auf gestiegene Grunderwerbsteuern und höhere Grundstückspreise zurückzuführen.
Gerade die Umstellung auf energieeffiziente Heizanlagen und der Einsatz der Erneuerbaren im Wärmebereich kommt nur langsam voran. Dies könnte sich ändern, wenn die Politik eine CO2-Komponente bei den Energiesteuern einführen würde. Der Umweltverband stimmt mit dem Mieterbund überein, dass Energie nicht einfach verteuert werden dürfe, sondern dass ein Teil der zusätzlichen Steuereinnahmen für die Entlastung Einkommensschwacher zu verwenden sei. Ein Klimawohngeld könnte dafür sorgen, dass für Leistungsempfänger auch neue oder sanierte Wohnungen in Betracht kommen.
Generell halten DUH und DMB im Bereich der Mehrwohnungshäuser die Eigentumsfrage für zentral: Mit möglichst viel Wohnraum in kommunaler Hand ließe sich Klimaschutz viel einfacher beschleunigen und auch sozialverträglich gestalten.
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