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EU warnt vor Missbrauch von Interpol

Nach Verhaftungen von Yalçın und Akhanlı: Rat, Kommission und Parlament fordern Reformen der Fahndungsgesuche

  • Robert Schmidt, Straßburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Rahmen einer Plenardebatte mit Rat und Kommission haben EU-Abgeordnete am späten Mittwochabend über die Fahndungsgesuche Interpols diskutiert. Anlass der von der grünen Fraktion angeregten Debatte war die Verhaftung des schwedisch-türkischen Journalisten Hamza Yalçın und des deutsch-türkischen Schriftstellers Doğan Akhanlı. Die beiden Kritiker des türkischen AKP-Regimes waren über Interpol gesucht worden. Die Grünen appellierten deshalb für »gute Sicherungssysteme«, die es ermöglichen, Menschenrechtler und legitime Kritiker vor einem Missbrauch der Interpol-Fahndungsgesuche zu schützen.

Zu Beginn der Debatte betonte Estlands stellvertretender Minister für EU-Angelegenheiten Matti Maasikas, dass das Thema des »Missbrauchs von roten Ausschreibungen (Red Notices)« dem Rat sehr am Herzen liege. Sein Land, das derzeit den Ratsvorsitz innehat, wolle das Thema beim Treffen der nationalen Justiz- und Innenminister im November erneut auf die Agenda setzen. Maasikas nannte die Red Notices ein »außerordentlich wichtiges Instrument« bei der Verhaftung von wegen schweren Straftaten gesuchten Personen. Die Ratspräsidentschaft habe mit Interpol über mögliche Verbesserungen des Systems gesprochen. Beim Ministertreffen im November werde sich die Polizeiorganisation darüber äußern, wie sie das System reformieren möchte.

Auch Věra Jourová, EU-Kommissarin für Justiz, stellte fest, dass das Interpol-System »auch für politische Zwecke missbraucht worden ist«. Auch sie betonte allerdings, wie wichtig der Informationsaustausch mit Interpol dennoch sei, um schwere Verbrechen zu bekämpfen und zu verhindern. Erst kürzlich sei in Brüssel ein italienischer Mafiaboss verhaftet worden. Das zeige, das auch EU-Mitgliedsstaaten das System nutzten. Allerdings entschieden die Länder selbst, wie sie auf die Fahndungsgesuche Interpols reagierten. Eine Verpflichtung zu Verhaftungen und Auslieferungen gebe es nicht. Da die EU nicht für sich Mitglied Interpols sei, könne sie keinen direkten Einfluss auf die Organisation ausüben. Sie habe aber ihre Bedenken geäußert.

Cornelia Ernst von der Vereinigten Europäischen Linken/ Nordische Grüne Linke warnte: »Weder Interpol noch Staatsanwaltschaften dürfen sich zum Büttel von Diktatoren machen.« Claude Morales von der Sozialdemokratischen Fraktion plädierte für eine EU-Richtlinie zum Umgang mit Ausschreibungen. Der Vorschlag werde bei der Sitzung im November aufgegriffen, sagte Ratsvertreter Maasikas.

Kürzlich hatte bereits eine Debatte im Europarat gezeigt, dass Interpols »Red Notices« von einigen Ländern missbraucht wird, um politische Gegner außerhalb der eigenen Landesgrenzen zu verfolgen. Bereits 2013 veröffentlichte die Open Dialog Foundation mit Sitz in Krakau einen »Bericht über den Missbrauch des Interpol-Systems«, in dem sie fünf Fälle schilderte, bei denen die kasachische Regierung über Interpol Regierungsgegner verfolgen ließ. Am stärksten Gehör bei Interpol fand bisher dagegen die britische NGO Fair Trials, die seit Jahren eine Kampagne zu diesem Problem betreibt und mehrfach bei Interpol in Lyon zu Gast war. Auf Initiative der NGO wurden bereits Fahndungsgesuche entfernt. Sowohl der vorherige als auch der jetzige Generalsekretär Interpols hatten Fair Trials Verbesserungen versprochen.

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