Union zieht die Spendierhosen an
Wahlprogramm der CDU/CSU spart umstrittene Höchstgrenze für Flüchtlinge aus
Wenigstens in Teilen ist die Union im Begriff, die Vorwürfe von SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz zu entkräften. Die angebliche Verweigerung gegenüber den politischen Herausforderungen und der damit verbundene «Anschlag auf die Demokratie» finden ihr Ende im Wahlprogramm, das die Unionsspitzen von CDU und CSU am Sonntagabend abschließend besprachen. An diesem Montag soll es von den Vorständen beider Parteien beschlossen und anschließend der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Jedoch, wie in der Kommunikationsgesellschaft üblich, wurden Teile des Programms bereits bekannt. Darin verkündet die Union nunmehr sogar das Ziel der Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenzahl von derzeit knapp 2,5 Millionen (nach offizieller Zählung) soll halbiert und damit die Arbeitslosenquote von derzeit 5,5 auf unter drei Prozent gedrückt werden. Eine solche Quote wird nach gängiger Definition als Vollbeschäftigung gewertet. Dieses politische Ziel, das bis 2025 erreicht werden soll, wäre vor Jahren in einem CDU/CSU-Wahlprogramm noch undenkbar gewesen, kann inzwischen aber als absehbare Entwicklung der Arbeitswelt unter den Bedingungen zunehmenden Arbeitskräftemangels betrachtet werden.
Überdies verspricht die Union demnach wie bereits angekündigt 15 Milliarden Euro an Steuerentlastungen. Wie dies im Detail aussehen soll, um vor allem Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen zu erreichen, blieb vorerst unklar. Der Solidaritätszuschlag soll zwischen 2020 und 2030 abgeschafft werden. Über die 15 Milliarden hinaus will die Union die Häuslebauer unter den jungen Familien unterstützen - durch ein sogenanntes Bausparkindergeld. Wer eine Immobilie kauft, bekäme pro Kind und Jahr 1200 Euro Zuschuss über zehn Jahre. Zudem ist ein Freibetrag für Familien bei der Grunderwerbsteuer geplant. 1,5 Millionen neue Wohnungen, so hofft die Union, könnten auf diese Weise entstehen. Mit der Erhebung des Spitzensteuersatzes (42 Prozent) erst ab 60 000 Euro Jahreseinkommen statt wie bisher 54 000 sollen auch Besserverdiener einen ordentlichen Teil des sozialen Segens abbekommen.
Mehr Investitionen in Sicherheit, darunter 15 000 neue Polizistenstellen, in digitale Entwicklung sowie die Forschung gegen Krebs, Alzheimer und Demenz sind ebenfalls im Programm enthalten. Der unveränderte Dissens von CDU und CSU über eine festgeschriebene Höchstgrenze für Flüchtlinge bleibt bestehen und wird im Programm ausgespart. Die CSU verabschiedet einen Bayernplan mit eigenen Vorhaben, in dem die Höchstgrenze vermerkt werden soll. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil spöttelte am Wochenende in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» darüber mit den Worten: «So einfach verklappt die Union ihre Probleme.» Die Einigkeit der Parteispitzen sei «nur gespielt». Bei der Union wisse man nicht, ob CDU-Chefin Angela Merkel oder ihr CSU-Kollege Horst Seehofer das Sagen hat«. Mit Agenturen
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