Schwarze Grüne zornesrot wegen Farbdebatten

»Männergehabe«: Göring-Eckardt will Trittin auf zweite Reihe verweisen - »Vergesst es. Wir entscheiden jetzt« / Roth: »Wir müssen grün strahlen«

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 4 Min.

Bei den Grünen entwickelt sich der Streit um die Bündnisfähigkeit und die Frage, mit wem welche Politik nach der Bundestagswahl 2017 gemacht werden soll, zum offenen Schlagabtausch - und auch zu einem Machtkampf. Vor allem der frühere Umweltminister Jürgen Trittin, der der Parteilinken zugerechnet wird und zuletzt stark für Rot-Rot-Grün und für eine umverteilungspolitische Agenda plädiert hatte, gerät dabei in die Kritik. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, die als Reala gilt, lehnt Koalitionsaussagen vor Wahlen strikt ab.

Doch nicht nur das: Sie attackierte Trittin in der »Süddeutschen Zeitung« unter anderem mit den Worten, er versuche »die alten Muster der Politik in die neue Zeit zu übertragen. Das geht nicht mehr«. Hintergrund sind Berichte, wonach sich Trittin mit dem saarländischen Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei, Oskar Lafontaine, getroffen und über mögliche Kooperationen beraten habe. Dieses »klassische Männergehabe«, zitiert die »Süddeutsche« Göring-Eckardt. »Da erwecken zwei den Eindruck, einfach mal mit Sigmar Gabriel ausmachen zu können, wo es lang geht. So machte man vielleicht früher Politik. Heute sicher nicht mehr. Da sage ich nur: Vergesst es. Wir entscheiden jetzt.«

Göring-Eckardt setzt wie andere vom schwarz-grünen Flügel auf das Schlagwort »Eigenständigkeit« - das laut der Kritiker in den eigenen Reihen nur dazu dienen soll, die Tür für ein Bündnis mit der Union auch auf Bundesebene offenzuhalten. »Wir entwickeln unsere Kraft aus uns selbst heraus; nicht, indem wir uns an einen Partner anhängen. Egal, wer dieser Partner sein mag«, so Göring-Eckardt. »Altes Lagerdenken« sei »überholt«. Zuletzt hatte Trittin unter anderem im »Spiegel« für Rot-Rot-Grün geworben. »Wir regieren in dieser Konstellation bereits in Thüringen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es im Herbst auch in Berlin, womöglich gar in Mecklenburg-Vorpommern zu R2G, also Rot-Grün-Rot, kommt.«

Claudia Roth, die dem linken Grünen-Flügel zugeordnet wird, sprach sich jetzt ebenfalls gegen eine Koalitionsaussage vor der Bundestagswahl 2017 aus. »Ich glaube, wir Grüne tun uns keinen Gefallen, wenn wir ein Jahr vor der Bundestagswahl diese Farbdebatten führen. Wir werden am stärksten, wenn wir grün strahlen«, wird die Bundestagsvizepräsidentin in der »Mittelbayerischen Zeitung« zitiert. »Zu sagen, Hauptsache wir kommen an die Regierung, egal mit wem, das bringt uns gar nichts«, sagte Roth allerdings auch - was man wiederum als eine Form der inhaltlichen Koalitionsaussage betrachten könnte. »Wir brauchen klare Positionen in der Umweltpolitik, der Sozialpolitik, der Europa- und der Flüchtlingspolitik - und dann schauen wir, ob und was zusammenpasst.«

Die linken Grünen sehen hier in der Regel mehr Gemeinsamkeiten mit Linkspartei und SPD. Eine Kooperation mit der Linkspartei hält Trittin dabei trotz aller Differenzen für einfacher als mit der Union. »Im Zweifel mit Sahra Wagenknecht«, so der Grünen-Politiker wörtlich. Zuvor hatte Fraktionschef Anton Hofreiter, auch er ein Parteilinker, eine Zusammenarbeit mit der Union nicht ausgeschlossen, aber erklärt, man müsse derzeit von »Schwarz-Schwarz-Grün« sprechen. CDU und CSU seien zwei ganz unterschiedliche Parteien.

Interessante Nebenbemerkung: Trittin stört sich vor allem an dem Namen eines solchen Bündnisses. »Ich mag den Ausdruck nicht, weil er assoziiert, dass alle Beteiligten dasselbe wollen. Das stimmt aber nicht.« Die Grünen zielten darauf ab, »etwa die dreckigen Kohlekraftwerke in Brandenburg zu schließen, die Linkspartei möchte sie verstaatlichen und ausbauen«. Er selbst schlage deshalb den Namen »Bündnis für Ökologie und Gleichheit« vor.

In den kommenden Wochen dürfte sich der Streit bei den Grünen fortsetzen. Neben der reinen Bündnisfrage geht es dabei um den Stellenwert der Verteilungspolitik. »Es war immer breiter Konsens in der Partei, dass ökologische und soziale Investitionen solide finanziert werden müssen. Wir Grünen gehören nicht zu denen, die das gern über Schulden machen. Also muss es über leistungsgerechte Besteuerung geschehen«, verteidigte Trittin die Forderung nach höheren Steuern auf Vermögen und hohe Einkommen.

Fraktionsvize Kerstin Andreae lehnt die Aufnahme der Vermögensteuer ins Wahlprogramm dagegen ab. Die Abgabe sei nicht die richtige Antwort auf ungleich verteilte Chancen. »Ein Wahlkampf, geführt um die Vermögensteuer, macht es Union und SPD viel zu leicht, ihre Regierungsdefizite aus der Schusslinie zu bringen.« Trittin hatte zuvor Göring-Eckardt und dem Parteivorsitzenden Cem Özdemir vorgeworfen, sie würden der Unternehmenslobby nach dem Mund reden.

Auch Hofreiter plädiert für die Vermögensteuer. Eine »ganz schmale Schicht von Superreichen« habe sich aus der Beteiligung an den Kosten der Gesellschaft zurückgezogen. »Deswegen geht es darum, Vermögen höher zu besteuern, aber es geht vor allem auch darum, letztendlich die Steuerhinterziehung zu unterbinden.« Die Frage ist bei den Grünen umstritten. Eine Kommission hat die kontroversen Punkte aufgelistet. Die Debatte läuft nun. vk

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