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Deutschland stimmt Glyphosat-Zulassung nicht zu

SPD-geführte Ministerien setzten sich mit ihren Bedenken durch / Landwirtschaftsminister Schmidt kritisiert »Rolle rückwärts« der SPD

  • Lesedauer: 3 Min.
Weil die Sozialdemokraten dagegen sind, wird Deutschland der Glyphosat-Zulassung nicht zustimmen, wenn die EU-Ländervertreter kommende Woche darüber abstimmen. Landwirtschaftsminister Schmidt (CSU) übt harsche Kritik.

Berlin. Die Bundesregierung wird in der EU nicht für eine Verlängerung der Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat stimmen. Die SPD-geführten Ministerien sind dagegen, wie Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am Donnerstag bekanntgab. Damit wird sich Deutschland voraussichtlich enthalten, wenn die EU-Ländervertreter kommende Woche abstimmen. Die Zulassung für die Chemikalie in der EU läuft Ende Juni aus. Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), dessen Ministerium zuständig ist, zeigte sich im Streit um den Unkrautvernichter Glyphosat verärgert über die Ablehnung seiner SPD-Kollegen. Zwischen seinem Ministerium und den SPD-geführten Umwelt- und Wirtschaftsressorts habe es längst eine abgestimmte Regierungsposition mit dem Ziel einer Zulassung gegeben, teilte Schmidt am Donnerstag mit. »Zuverlässiges und belastbares Regierungshandeln sieht anders aus.«

»Ich habe überhaupt kein Verständnis für die Rolle rückwärts der Kollegen Gabriel und Hendricks bei der Zulassungsverlängerung von Glyphosat«, sagte Schmidt. Zudem seien alle Forderungen Hendricks' in einen neuen Verordnungsentwurf der EU-Kommission aufgenommen worden. »Hier geht es grundsätzlich um die Frage, dass wir uns gezielt über das gesetzliche Verfahren hinwegsetzen, auf Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu entscheiden.«

Hendricks wiederum bekräftigte ihren Standpunkt: »Solange wir nicht zweifelsfrei wissen, ob Glyphosatfür die Gesundheit unbedenklich ist, sollten wir diese Chemikalie auch nicht zulassen.« In Deutschland und Europa gelte zurecht das Vorsorgeprinzip. Unter Wissenschaftlern sind die Forschungsergebnisse zu Glyphosat umstritten.

In der jüngsten Beschlussvorlage der EU-Kommission zum Glyphosat ist von einer Verlängerung der Zulassung um neun Jahre die Rede. Auflagen, die das EU-Parlament gefordert hatte, sind darin nicht verbindlich festgeschrieben. Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal hatte angekündigt, dass Frankreich die erneute Zulassung ablehnen werde. Einstimmigkeit ist für die Entscheidung des Fachausschusses nicht notwendig.

Die Umweltschutzorganisation BUND begrüße die Entscheidung der SPD-Minister als Signal für den Umwelt- und Verbraucherschutz. »Jetzt erwarten wir, dass Bundesagrarminister Schmidt sich dem Votum der SPD anschließt und die Wiederzulassung nächste Woche in Brüssel ablehnt«, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. In Deutschland würden 40 Prozent der Ackerflächen mit der Chemikalie behandelt.

Die Grünen hatten Glyphosat für Donnerstagabend auf die Tagesordnung des Bundestags gebracht. Eine Abstimmung über den Antrag, das Unkrautgift zu verbieten, lehnten die Koalitionsfraktionen nach Darstellung der Grünen aber ab. Er freue sich sehr, dass Hendricks endlich Farbe bekenne, sagte Harald Ebner, Grünen-Obmann im Agrarausschuss des Bundestags. »Nach dieser Aussage darf Agrarminister Christian Schmidt nächste Woche nicht für die Neuzulassung stimmen, auch wenn er es gerne tun würde.« dpa/nd

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