Denkmalpfleger befürchten Substanzverlust

Die Landesdenkmalpflege hat 2015 viele Erfolge erzielt - doch das Landesamt steht vor drastischen Einschnitten

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.
2015 war ein gutes Jahr für den Denkmalschutz. Dessen Kernkompetenzen will das Land jetzt den Kreisen übertragen. Der Landeskonservator warnt vor negativen Folgen für das historische Erbe.

Brandenburgs Denkmalschützer sind in Sorge. Das Land plant dramatische Eingriffe in die Zuständigkeit für Kernbereiche des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege mit Sitz in Wünsdorf (Teltow-Fläming). Darauf hat Landeskonservator Thomas Drachenberg am Dienstag auf der Jahrespressekonferenz des Amtes in Berlin aufmerksam gemacht.

Laut Drachenberg sollen künftig zahlreiche Aufgaben in die Verantwortung der Landkreise übergehen, denen dafür aber die Sach- und Fachkompetenz und das notwendige Personal fehlten. Heftig kritisierte er, dass die Landesdenkmalliste aus der Zuständigkeit des Landesdenkmalamtes in die Verantwortung der Unteren Denkmalbehörden fallen soll. Die Gründe dafür seien ebenso wenig nachvollziehbar wie die Vorgabe an das Amt, künftig keine eigenen Forschungen mehr zu betreiben. »Forschung ist für uns nie Selbstzweck, sondern stets verbunden gewesen mit dem Anspruch, aus dem einen Vorhaben für kommende zu lernen«, betonte Drachenberg. Eine Abkopplung von der Forschung würde auch eine Abkopplung von nationaler und internationaler Kooperation auf gleicher Augenhöhe bedeuten.

Das Landesdenkmalamt habe bereits drastische Stellenkürzungen verkraften müssen. So werde die Mitarbeiterzahl von 123 im Jahre 2004 auf demnächst 71 abgebaut. »Wenn wir Abstriche an der Qualität unserer Arbeit vermeiden wollen, werden wir Abstriche bei der Quantität machen müssen«, sagte Drachenberg.

Eine fundierte Diskussion über die Gründe für die Einschnitte in die Arbeit des Landesamtes, die Folgen künftiger Dezentralisierung, aber auch über Alternativen zu den geplanten Schritten findet aus Sicht von Leitung und Mitarbeitern bislang nicht statt. Auch eine Anhörung vergangene Woche im Kulturausschuss des Landtages habe bislang zu keiner grundsätzlichen Debatte geführt, heißt es. Dessen ungeachtet ist die Bilanz der Bau- und Kunstdenkmalpflege, die der Konservator für das vergangen Jahr zog, beachtlich. Erstmals seit 2003 habe es wieder einen mit 250 000 Euro zwar bescheidenen originären Titel »Denkmalhilfe« für die Erhaltung der Denkmalsubstanz im Landeshaushalt gegeben. Ein Titel, der 2016 auf eine halbe Million Euro aufgestockt werde.

»Wichtig ist, dass diese Mittel auch ab 2017 kontinuierlich zur Verfügung stehen und weiter erhöht werden«, betonte Drachenberg, der zugleich stellvertretender Direktor des Landesamtes ist.

Mit den zusätzlichen Mitteln habe man gezielt bedrohte Einzeldenkmale wie das Hugenottenhaus in Hammelspring (Uckermark), historische Grabmäler auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf (Potsdam-Mittelmark), die Dorfkirche in Trampe (Uckermark) oder das Gutshaus in Nettelbeck (Prignitz) gesichert.

Insgesamt 33,2 Millionen Euro - aus den Etats der Ministerien für Infrastruktur und Kultur - hat Brandenburg 2015 für den Denkmalschutz ausgegeben. Als verlässliche Größe würdigte Drachenberg auch die Fortführung des Bundesprogramms zur Erhaltung national bedeutender Denkmale. Zu den 938 000 Euro vom Bund kamen 632 000 Euro als Kofinanzierung des Landes - Denkmaleigentümer haben ein Drittel der Gesamtsumme aufzubringen.

175 Bauten wurden 2015 neu in die Denkmalliste des Landes aufgenommen, sie umfasst aktuell 13 446 Posten. Einstige »Sorgenkinder« wie das historische Warenhaus in Seelow, das Kettenhaus in Prenzlau und das Brauhaus des Zisterzienserklosters in Himmelpfort habe man eine Perspektive gesichert. Nach Angaben des Landesamtes habe man aber auch neun Gebäude von der Liste streichen müssen, nachdem sie zusammengebrochen waren. Für 17 weitere unrettbare Objekte lägen schon Abbruchgenehmigungen vor. In Gefahr sind inzwischen unter anderem ein Herrenhaus in der Gemeinde Heckelburg (Märkisch-Oderland) und ein Gutshaus bei Neuruppin. In großer Sorge sei er auch um den Fortbestand der einstigen Heeresversuchsanstalt Kummersdorf (Teltow-Fläming), sagte Drachenberg.

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