Polizei Dresden schützt Flüchtlingsunterkünfte nicht stärker

»Keine besonderen Maßnahmen« zu Silvester trotz vieler Warnungen / Amadeu Antonio Stiftung: Zum Jahreswechsel laut Erfahrung verstärkt Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte / Dafür Demonstrationsverbot in Connewitz

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Die Unterkünfte würden zwar »beachtet«, mehr sei »nach derzeitiger Lageeinschätzung aber nicht vorgesehen«, zitiert eine Zeitung die Polizei. Die Direktion Dresden ist auch für Meißen, Freital und Heidenau zuständig.

Trotz vielfältiger Warnungen vor Angriffen auf Unterkünfte für Geflüchtete plant die Dresdner Polizei »keine besonderen Maßnahmen« zum Schutz dieses Einrichtungen in der Silvesternacht. Das berichten die »Dresdner Neuesten Nachrichten« unter Berufung auf eine Polizeisprecherin der sächsischen Landeshauptstadt. Die Unterkünfte würden zwar »beachtet«, mehr sei »nach derzeitiger Lageeinschätzung aber nicht vorgesehen«, zitiert die Zeitung die Sprecherin. Die Polizeidirektion ist neben Dresden auch für die Landkreise Meißen und Sächsische Schweiz/Osterzgebirge zuständig – dort kam es beispielsweise in Meißen, Freital oder Heidenau immer wieder zu rechten Angriffen auf Unterkünfte für Geflüchtete. Dabei wurde erst am zweiten Weihnachtsfeiertag von Unbekannten vor einer Flüchtlingsunterkunft in Dresden-Stetzsch Feuerwerk gezündet, Fensterscheiben zu dabei zu Bruch, berichtet die »DNN«.

Die Ankündigung überrascht – und auch wieder nicht. Denn Innenminister Markus Ulbig (CDU) hält Attacken auf Unterkünfte zwar für möglich, die Einsatzpriorität der sächsischen Polizei liegt jedoch woanders. So wird ein Großaufgebot der sächsischen Polizei im Leipziger Stadtteil Connewitz erwartet – einer Hochburg der linken Szene. Die Stadt Leipzig hat erstmals ein weiträumiges Demonstrationsverbot rund um das Connewitzer Kreuz verhängt, berichtet die »LVZ«. Es gilt von 23 Uhr bis um 6 Uhr am Neujahrsmorgen und untersagt alle öffentlichen Versammlungen und Aufzüge unter freien Himmel. Die Polizei kann sie damit sofort auflösen.

Im Nachbarland Thüringen hat die Polizei bereits angekündigt, am Silvesterabend ihre Streifen um Flüchtlingsunterkünfte zu verstärken. Verstärkte Polizeipräsenz und Schutz vor Angriffen von rechts fordert auch die Amadeu Antonio Stiftung: »Aus den vergangenen beiden Jahren wissen wir, dass insbesondere zu Silvester gehäuft Angriffe auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte stattfinden«, warnte Stiftungs-Geschäftsführer Timo Reinfrank am Mittwoch. Reinfrank forderte angesichts der Intensität der Gewalt gegen Flüchtlinge außerdem, spezielle Staatsanwaltschaften einzurichten, die sich auf sogenannte auf Hassverbrechen konzentrieren. »Die fehlenden Erfolge bei der Strafverfolgung wirken als Ermutigung für die Täter«, kritisiert Reinfrank.

Bis Dezember 2015 hat es nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) über 800 Angriffe auf Unterkünfte für Flüchtlinge gegeben – vier Mal mehr als 2014. Auch die körperlichen Übergriffe gegen Flüchtlinge und Flüchtlingshelfer haben laut BKA stark zugenommen. Beinahe 70 Prozent aller Vorfälle fanden laut einer gemeinsamen Chronik von Pro Asyl und der Amadeu Antonio Stiftung in Ostdeutschland statt.

Das bayerische Innenministerium will in Zukunft verstärkt Ehrenamtliche der sogenannten Sicherheitswacht zum Schutz von Unterkünften für Flüchtlinge einsetzen. Die Freiwilligen sollten helfen, das Sicherheitsgefühl der Flüchtlinge zu steigern und mögliche Straftäter abzuschrecken, berichtete der Bayerische Rundfunk am Mittwoch unter Berufung auf das Ministerium. Die Mitglieder der Sicherheitswacht tragen keine Waffen, dürfen aber Personen befragen, Personalien feststellen und einen Platzverweis erteilen. nd/Agenturen

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