Keine vier Sekunden-Story

Im Kino: Die Peanuts - Der Film

  • Katharina Dockhorn
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Peanuts sind back und das erste Mal auf der großen Leinwand. Steve Martino, Regisseur von »Ice Age 4« tauchte in die Welt von Charlie Brown, Lucy und Snoopy ein und inszenierte einen Familienfilm um die erste große Liebe. Der Tolpatsch Charlie verknallt sich in die neue rothaarige Mitschülerin. Aber wagt es nicht, die Angebetete anzusprechen.

Über den Film wachte Jean Schulz, die zweite Frau des im Jahr 2000 verstorbenen Peanuts-Vaters Charles M. Schulz, den alle Sparky nannten. Sie erbte alle Rechte an den Peanuts, denen sie rund um den einstigen Arbeitsplatz des Comic-Meisters im kalifornischen Santa Rosa einen Erinnerungsort baute. Im Charles M. Schultz Museum wird das Andenken an den Autor gepflegt, dessen Großeltern väterlicherseits aus dem heutigen Sachsen-Anhalt in den USA auswanderten.

Steve Martino wartete wie Millionen Kinder jeden Morgen auf die Peanuts-Story ».Sie waren Teil meines Lebens,« gesteht der Regisseur bei der Vorstellung des 3D-Films in Berlin. »Als ich das erste Mal im Museum die Skulpturen von Charlie Brown und Snoopy des japanischen Künstlers Yoshiteru Otani sah, rutschte mir das Herz in die Hose. Die Peanuts sind ein weltweites Phänomen. Entsprechend groß war der Druck, der Legende gerecht zu werden. Es gab kaum einen im Team, der keine Angst hatte, das Projekt zu vermasseln.«

Die Peanuts hatten bereits vier Auftritte im amerikanischen Fernsehen. »Mein Mann war mit den Filmen glücklich und zugleich enttäuscht. Er hatte den Eindruck, sie walzten eine Idee zu lange aus,« erinnert sich Jean Schulz. »Das Schreiben war für ihn eine Qual. Er dachte ja in vier Sekunden-Storys. Und er fürchtete sich davor, seine Story in andere Hände zu geben. Beim Film konnte er nicht alles kontrollieren. Das ist schwierig für Menschen, die gewohnt sind, alleine zu arbeiten und zu entscheiden.«

Alle amerikanischen Studios waren an den Verfilmungsrechten der populären Comics interessiert. Keiner konnte Jean Schulz überzeugen. Auch Blue Sky holte sich beim ersten Anlauf einen Korb. Die Anfrage bestärkte jedoch Schulz` Sohn Craig, ein Drehbuch für einen Spielfilm zu schreiben. Als er in einer Sackgasse steckte, vertraute er es seinem Sohn Bryan an.

Die Familie und die Filmemacher wollten die Welt von Charlie und Schulz` unverwechselbaren Stil bewahren. Die liebeswürdigen Eigenheiten der Kids blieben erhalten. »Ihre Probleme sind zeitlos. Charlie Brown stellt sich die Frage, bin ich liebenswert? Das ist die Quintessenz der gesamten menschlichen Existenz,« denkt Steve Martino. »Wir sehen Charlies Verunsicherung mit einem Lächeln im Gesicht und denken, Mann, ich habe mich genauso idiotisch verhalten.«

Um dem speziellen Strich der Zeichnungen des Peanuts-Vaters gerecht zu werden, stöberten die Filmemacher in den Archiven des Museums. Es besitzt rund 7500 Originale aus mehr als fünf Jahrzehnten. »Sparky hat die Charaktere sehr behutsam angepasst. Charly Brown war zunächst ein Schwindler, ein kleiner Gauner. Er war selbst zu Snoopy gemein. Erst nach fünf Jahren wurde er zu diesem unsicheren Jungen,« erzählt Jean Schulz. Auf großzügige Modernisierungen haben die Macher verzichtet. Im Leben der Kids um Charlie Brown fehlen Computer und Handy. Dafür spielt die Clique Eishockey.

Die Filmemacher entdeckten im Museum auch die Einflüsse aus dem Leben von Schulz auf die Comics. Wie Schulz eigener Vater ist Charlies Vater Frisör. Und die Browns wohnen in einer Einfamilienhaussiedlung, die der Gegend ähnelt, in der Schulz aufwuchs.

»Wir hätten Charlie Browns Welt absolut realistisch gestalten können. Das hätte nicht dem Charakter der Comics entsprochen,« so Martino weiter. Schnell stellte seine Crew fest, dass alle Figuren nur in bestimmten Perspektiven von Schulz gezeichnet wurden. Bei Charlie Brown wiederholen sich nur acht Gesichtsausdrücke. Auf der anderen Seite wiederspricht die Stellung der Augen oft jeglicher Anatomie von Mensch und Hund.

»Wir habenganz traditionell ein Modell gebaut und animiert. Das wirkte bereits absurd. Als sich dann die Kamera das erste Mal um Snoopy drehte, sah dies seltsam aus. Es passte nicht zu den Peanuts« präzisiert Sabine Heller. Sie studierte in Darmstadt und Berlin Computer-Design und ist seit 2009 bei Blue Sky.

Damit die Peanuts ihr eigenwilliges Bewegungsprofil behalten konnten, wurden neue Computerprogramme geschrieben. »Bis zu 400 Leute arbeiteten an dem Film, darunter 100 Animatoren. Alle waren unsicher, ob die Konzeption aufgeht. «Das positive Feedback auf den ersten Trailer hat uns sehr erleichtert,» betont Sabine Haller. Auch Jean Schulz ist mit dem Film zufrieden. Ob der Film Auftakt eines neuen Franchise ist, will noch keiner beantworten. Jean Schulz wehrt sogar ab. «Im Moment hat keiner eine Geschichte im Hinterkopf.»

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