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Lasset die Fetzen fliegen!

Mit einer Screwball-Komödien-Reihe belebt das Kino Arsenal bis Ende Januar wintermüde Geister

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn das Kino der Depressionsjahre irgendwie Schule machen sollte, stehen uns in diesen wahrhaft deprimierenden Zeiten noch ein paar ganz grandiose Filme bevor. Die Screwball-Komödien jedenfalls, die Hollywood von den frühen 30er bis in die frühen 40er Jahre hervorbrachte, gehören zu den amüsantesten der gesamten Filmgeschichte: Es sind Komödien über Frauen, die mit Schlagfertigkeit und feschen Klamotten, mit Professionalität und verrückten Ideen bestechen, und über Männer, die sich dagegen erst mal behaupten müssen.

»Pursuits of Happiness« überschreibt das Kino Arsenal seine Screwball-Komödien-Reihe, angelehnt an den Passus der US-Unabhängigkeitserklärung, der jedem Bürger das Streben nach Glück als menschliches Grundrecht zusichert. Und es ist eine Filmreihe geworden, die jedes Kaminfeuer lässig ersetzen kann. Hier knistert wirklich alles, der Wortwitz schlägt wärmende Funken, eingestreute Slapstick-Elemente kitzeln die Lachmuskeln, die Geschwindigkeit des Schlagabtauschs ist schwindelerregend. Und obwohl das Glück, um das es geht, zuallererst ein privates ist, gibt’s immer mal wieder treffsichere Ohrfeigen für die vermögenden, die gefühl- und gedankenlosen Klassen, deren einziges Glücksstreben im Anhäufen von Geldbergen besteht.

Mal lehrt William Powell einer Ansammlung von gewissenlosen Millionären Manieren (in »My Man Godfrey« von 1936), mal verlässt Cary Grant eine zickige reiche Erbin zugunsten ihrer unangepassten Schwester (in »Holiday« von George Cukor), weil die sein Ideal vom selbstbestimmten Leben teilt, während seine Braut ihn bloß gewinnbringend in Daddys Bank unterbringen will. Die beiden frühesten Filme der Reihe, Frank Capras »It Happened One Night« und die geschlechterkämpferisch aufgemotzte Dashiell Hammett-Verfilmung »The Thin Man« mit Myrna Loy, William Powell und Foxterrier Asta, hatten ihre Premieren wenige Monate, bevor Hollywood Mitte 1934 Ernst machte mit der Selbstzensur und allzu offensichtliche Schlüpfrigkeiten ebenso von der Leinwand verbannte wie eine zunehmend als unpatriotisch empfundene Gesellschaftskritik.

Wie viel trotz Hays-Code und öffentlichem Moralwächtertum weiterhin möglich war, wenn man es nur clever genug verpackte und schnell genug spielte, lässt sich am furiosen, sehr komischen und stellenweise höchst eindeutig zweideutigen Eifersuchtsdrama »Unfaithfully Yours« von Screwball-Meister Preston Sturges ebenso ablesen wie an den zahlreichen Wiederverheiratungskomödien, die ein eigenes Subgenre innerhalb der Screwball-Abteilung bilden: Im Arsenal sind mit »The Awful Truth«, »His Girl Friday« und »Philadelphia Story« drei der prominentesten vertreten. Irene Dunne und Rosalind Russell, Katharine Hepburn und Barbara Stanwyck, Jean Arthur und Claudette Colbert, Ginger Rogers und Myrna Loy spielen die Heldinnen dieser Filme, und die haben es faustdick hinter den Ohren.

Die Männer dagegen verlieren tendenziell erst mal ein bisschen an Würde, bevor sie sich am Ende doch mehr oder weniger durchsetzen. So ist Cary Grant in der Reihe mal mit neckischem Schürzchen in der Küche zu sehen (in George Stevens’ »The Talk of the Town« von 1942), mal hinter den Rüschen eines geborgten Damenmorgenrocks in »Bringing Up Baby« von Howard Hawks oder, wieder für Hawks, im Uniformrock einer US-Militärangehörigen (und mit einer Fransenperücke, noch warm vom Pferd, von dessen Schweif sie eben frisch geschnitten wurde) in »I Was a Male War Bride« von 1949, dem mit Abstand spätesten Film der Reihe.

2.12.-.30.1., Kino Arsenal, Potsdamer Straße 2, Tel.: (030) 269 55 100, Filminfo www.arsenal-berlin.de

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