Freie Radios bleiben in der Nische
Brandenburgs SPD blockiert Berliner Senats-Initiative
Radiogruppen und das Berliner Abgeordnetenhaus möchten wieder eine gesetzliche Grundlage dafür schaffen, dass auf UKW ein bisschen mehr Selbstverwaltung möglich ist. Das einzige Hindernis dafür ist die Brandenburger SPD. Seit Hauptstadt und Umland in Medienangelegenheiten eine Einheit bilden, besteht eine gegenseitige Abhängigkeit.
Kürzlich feierte Pi-Radio mit einer Sondersendung 20. Geburtstag. So lange schon versuchen Berliner Radiogruppen unter diesem oder einem anderen Dachnamen, ein Freies, also selbstverwaltetes Radio zugestanden zu bekommen. Da das im Medienstaatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg nicht vorgesehen ist, sagt die Medienanstalt, sie könne nicht mehr als den Offenen Kanal »Alex« anbieten. Das ist eine Einrichtung für Menschen, die eine eigene Radio- oder Fernsehsendung machen wollen, aber nicht über das Programm mitentscheiden dürfen. Seit 2010 gibt es den Radiosender 88vier, den sich »Alex« und mehrere Bündnisse von Radiogruppen teilen. Er kann aber wegen des schwachen Senders nur von einer Minderheit der Berliner Bevölkerung empfangen werden.
Im Lauf der Jahre wurden immer wieder sogenannte Veranstaltungsradios erlaubt, die für einige Tage oder Wochen senden durften. Der Drang zum freien Radiomachen ist in Berlin so groß, dass schon vor Jahren alle Abgeordnetenhausparteien dieser Kultur mehr Raum geben wollten. Doch da Berlin und Brandenburg in Medienangelegenheiten zusammengehören, mus auch Brandenburg zustimmen.
Nun werden die erneuten entsprechenden Bemühungen sogar in einem eigens geschaffenen Internetauftritt dokumentiert (www.medienstaatsvertrag.org). Dort ist auch der Antrag zu lesen, den die Berliner Senatskoalition ins Parlament eingebracht hat und der noch im November im zuständigen Ausschuss abgesegnet werden könnte. Er erwähnt, wie von den Radiogruppen seit Jahren vorgebracht, dass das EU-Parlament schon 2008 die Stärkung nichtkommerzieller Privatradios empfahl. Der Senat wird aufgefordert, mit Brandenburg Verhandlungen aufzunehmen und dem Abgeordnetenhaus noch dieses Jahr darüber zu berichten.
Die in Potsdam mitregierende Linkspartei ist für die Zustimmung zu einer solchen Initiativen, der Koalitionspartner von der SPD hat aber jedoch anscheinend anderer Prioritäten. Ein Sprecher von Pi-Radio berichtet, dass der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Ness im Mai bei einem Gespräch von Pi-Radio und Vertretern des Bundes- und des Weltverbands Freier Radios mit den Zuständigen von Berlins und Brandenburgs Regierungsfraktionen das Thema Satellitenfernsehen ins Spiel gebracht habe. Vermutet wird, dass die Brandenburger SPD lieber dafür Leistungen der Medienanstalt in Anspruch nehmen will, statt Frequenzen für unabhängige Radiomacher zu finanzieren. Frank Zimmermann, medienpolitischer Sprecher der Berliner SPD-Fraktion, sagt gegenüber »nd«, seine Fraktion sei »nicht davon überzeugt, dass man diese Themen zusammendenken muss«. Die Einrichtung eines Freien Radios würde die Medienanstalt auch finanziell nur wenig belasten.
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