Ginter entdeckt die Offensive
Borussia Dortmund besiegt Schalke 04 im umkämpften Revierderby mit 3:2
Der beleibte Herr im gelben Hemd, der vor dem Anpfiff die zahlreichen Dortmunder Fahnenschwenker beaufsichtigte, hatte Pech. Der Rasensprenger, der dem Grün wegen des warmen Novemberwetters Feuchtigkeit spenden sollte, erwischte ihn voll. Derart mitgenommen, vollendete der Mann tapfer seinen Job - und auf Nassmachen lautete auch der Arbeitsauftrag an sein Leib- und Magenteam. Was den Schwarz-Gelben im Duell mit den Nachbarn aus Gelsenkirchen beim 3:2 dann auch gelang.
Vom Ausdruck »Bonusspiel«, den André Breitenreiter für das Revierderby im Vorfeld leichtfertig benutzte, hatte sich der Schalker Cheftrainer rasch distanziert. Den allseits zum Favoriten erklärten Dortmundern begegnete seine Mannschaft dann auch nicht mit übertriebener Bewunderung - sondern mit der Doppelspitze Klaas-Jan Huntelaar und Leroy Sané. Das gefiel den S04-Fans weitaus besser als die dröhnende BVB-Hymne, mit der das Publikum auf die Partie eingestimmt wurde. Einige von ihnen drehten, als das »You’ll never walk alone« erklang, dem Spielfeld demonstrativ den Rücken zu.
Normalerweise hätten 8000 Anhänger der Königsblauen im Dortmunder 80 000-Mann-Tempel Unterschlupf gefunden. Doch auf Geheiß der Polizei wurde das Gästekontingent auf 7000 Tickets reduziert. Aus Protest blieben Tausende Schalkefans dem Derby fern - was ihnen eine sehr seltene Unterstützung von der rivalisierenden Seite eintrug. »Volle zehn Prozent für Gästefans aller Vereine«, stand auf einem großen Transparent, das auf der Südtribüne aufgespannt wurde. Und das Wort »aller« war extra rot eingefärbt.
Auf dem Rasen war der Umgang des Tabellenzweiten mit seinen Gästen weniger freundlich. Die Borussen übernahmen früh die Initiative, allerdings waren die Angriffe in der Anfangsphase noch ungenau und Schalke konnte sich immer wieder, oft ohne größere Probleme, befreien. Nach sechs Minuten kamen die Gelsenkirchener erstmals in den Dunstkreis des Dortmunder Tores - doch als Leroy Sané von Innenverteidiger Sokratis mit enormem Nachdruck bearbeitet wurde, brandete donnernder Applaus für den entschlossenen Griechen von den Rängen.
Schalkes Jungstar Sané, als Belohnung für seine bislang starke Saison gerade erstmals in die Nationalmannschaft berufen, war auch diesmal wieder der größte Gefahrenherd in Breitenreiters Ensemble. Nach einer Flanke von Dennis Aogo hatte der 19-Jährige zudem die erste Chance der Partie, verfehlte das Ziel aber um einen Meter (20.). Dortmund war gewarnt, und zehn Minuten später platzierte die Elf von Thomas Tuchel den ersten komplett gelungenen Angriff: Nach einem Doppelpass mit Gonzalo Castro, der den an der Leiste verletzten Marco Reus ersetzte, kam Matthias Ginter frei zum Flanken - was Spielmacher Shinji Kagawa, dem bis dahin wenig gelungen war, per Kopf zum Führungstreffer nutzte.
Das Tuchel-Team wollte umgehend nachlegen - das schöne Vorhaben wurde jedoch zum Bumerang. Ein schlampiger Pass von Mats Hummels landete vor den Füßen von Leon Goretzka. Der frühere Bochumer passte auf Sané, der Bewacher Sokratis diesmal aussteigen ließ, von der Seite in Richtung Tor zog - und Huntelaar den Ball so genau servierte, dass dem Niederländer nichts anderes übrig blieb, als den Ausgleich zu erzielen (33.).
Bei den Schwarz-Gelben hatte Rechtsverteidiger Ginter Gefallen an seiner geglückten Offensivaktion nach einer halben Stunde gefunden. In der 38. Minute landete sein Bogenlampenkopfball auf dem S04-Tor, fünf Minuten später passte dann alles: Bei einem Eckstoß von Henrikh Mkhitaryan verloren die Schalker Ginter aus den Augen - vom Schädel des früheren Freiburgers landete der Ball zur verdienten Pausenführung des BVB in den Maschen.
Der Gegentreffer kurz vor der Halbzeit versetzte den Gelsenkirchenern einen Tiefschlag - und drei Minuten nach Wiederbeginn folgte der nächste. Am Ende eines schnell vorgetragenen Konters traf Pierre-Emerick Aubameyang zum 3:1, lupfte daraufhin sein Trikot und präsentierte ein T-Shirt mit Batman-Logo. Zur Strafe gab’s Gelb -, und eine Unachtsamkeit in der Dortmunder Defensive ahndete Huntelaar 19 Minuten vor Schluss dann mit dem 3:2. Es blieb aber die letzte Bestrafung für die Hausherren an diesem Tag.
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