CSU verhindert Sanktionslockerungen bei Hartz IV

Unter 25-Jährige sollen auch zukünftig härter bestraft werden / Nebenkosten könnten für alle Langzeitarbeitslose zum Problem werden

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Die geplanten »Vereinfachungen« bei Hartz IV bringen nun doch keine Erleichterungen für Jugendliche, dafür müssen Betroffene damit rechnen, auf einem Teil der Nebenkosten sitzenzubleiben.

Vor rund zwei Jahren kam erstmals eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zusammen, um über »Rechtsvereinfachungen im SGB II« zu diskutieren. SGB II steht für Sozialgesetzbuch II. Dort ist alles geregelt, was mit Hartz IV zu tun hat. Die bunte Truppe, der auch die Bundesagentur für Arbeit und die kommunalen Spitzenverbände angehörten, erregte schnell das Misstrauen von Sozialverbänden. Auch weil man hinter verschlossenen Türen tagte und nur selten etwas nach draußen drang. Offizieller Auftrag war laut Bundesarbeitsministerium »Änderungsbedarfe im SGB II zu identifizieren und gemeinsame Lösungsvorschläge zu finden mit dem Ziel, Bescheide transparenter und verständlicher zu gestalten, die Verwaltungsabläufe zu optimieren«.

Der Sozialrechtler Harald Thomé brachte die Stoßrichtung der Gruppe auf den Punkt: Unter dem verharmlosenden Titel der Rechtsvereinfachung solle »das SGB-II-Recht deutlich verschärft werden«, so Thomé im Frühjahr 2014. Tatsächlich war zwischendurch von weiteren Verschärfungen bei den umstritten Sanktionen die Rede. Vieles blieb Spekulation. Insgesamt zählte man 124 Vorschläge zur Vereinfachung, von denen 36 die Zustimmung aller Beteiligten fanden, wie das Bundesarbeitsministerium im Mai 2015 einräumte. Ein Gesetzespaket mit diesen Reformvorschlägen soll Mitte des nächsten Jahres in Kraft treten. Was es enthalten wird, ist offiziell noch nicht bekannt.

Noch im Sommer sah es so aus, als könnte es sogar Erleichterungen geben bei den strengen Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher unter 25 Jahren. Jugendliche werden für Fehlverhalten härter bestraft als ältere Betroffene.

Im Grunde verständigten sich SPD und CDU darauf, das wenig hilfreiche Strafregime abzuschwächen. Doch daraus wird wohl nichts. »Die sogenannten Entschärfungen bei den Sanktionen sind offenbar aus dem Gesetzespaket herausgenommen worden«, kritisiert die ehemalige Jobcentermitarbeiterin und »Hartz-IV-Rebellin« Inge Hannemann im »nd«-Gespräch. So hätte man sich ursprünglich darauf verständigt, dass die Mietkosten nicht sanktioniert werden dürfen, um Obdachlosigkeit zu verhindern. »Alle diese Punkte sind jetzt raus. Dabei waren die im Sommer schon festgezurrt«, so Hannemann, die für die Hamburger Linksfraktion in der Bürgerschaft sitzt.

Schuld daran sind die Christsozialen. Das Vorhaben sei »am Veto der CSU gescheitert«, sagte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) den »Stuttgarter Nachrichten« vom Donnerstag. Nahles erklärte, das Gesetz sehe jetzt nur noch eine »Entbürokratisierung der Verwaltungsabläufe« in den Jobcentern vor.

Allerdings verschwieg die Ministerin, dass der Gesetzentwurf mindestens eine böse Überraschung für Hartz-IV-Bezieher enthält. Nach Angaben von Inge Hannemann soll sich dort eine »Kann-Bestimmung« verstecken, wonach in bestimmten Regionen eine Festmiete fixiert wird, also etwa eine Pauschale von 500 Euro. Alles was drüber liegt, müsste der Hartz-IV-Bezieher vom Regelsatz begleichen. »Wenn jemand eine günstige Ein-Zimmer-Wohnung mit sehr hohen Betriebskosten hat, muss er drauf zahlen, weil er die bisherigen angemessenen Betriebskosten dann nicht mehr erstattet bekommt«, so Hannemann. Da wird sich der ein oder andere wohl warm anziehen müssen.

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