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Für ein selbstbestimmtes Ende

Mit hintergründigem Witz und ironischen Unterton gehen israelische Filmemacher das Thema Sterbehilfe an

  • Katharina Dockhorn
  • Lesedauer: 3 Min.
»Am Ende ein Fest« heißt ein lebensbejahender Film aus Israel über das Altern, die Liebe bis zum Schluss, Freundschaft, Krankheit und Tod. Das berührende Melodrama gewann bei den Filmfestspielen in Venedig 2014 den Publikumspreis und begeisterte bei den Filmtagen in Hof In Deutschland kommt er in dieser Woche ins Kino.

Der Tod ist allgegenwärtig in einem Altersheim in Jerusalem. Auch Max liegt nach langer, schwerer Krankheit im Sterben. Der Pensionär leidet unter furchtbaren Schmerzen und will seinem Leben ein Ende setzen. Deshalb konstruiert der 72jährige Ezekiel eine Maschine, mit der der Max sein Sterben selbst einleiten kann. Das Betäubungsmittel besorgt Dr. Daniel, ein pensionierter Tierart Und die Spuren verwischt ein einstiger Polizist.

Trotz aller Geheimniskrämerei spricht sich Ezekiels Erfindung unter den Kranken der Stadt herum. Erst zögernd, dann mit sichtlicher Freude am Gebrauchtsein hilft die eingeschworene Gruppe Menschen in Not in Ruhe zu sterben, Doch dann wird Ezekiel vor eine schwere Entscheidung gestellt. Seine Frau Lavana leidet an Alzheimer.

»Ezekiel spielt Gott. Und wenn man dies tut, wird man bestraft. So besagt es das hebräische Gesetz,« erzählt die Filmemacherin Sharon Maymon bei der Vorstellung von »Am Ende ein Fest« bei den Filmtagen von Hof im vergangenen Jahr. »Als Lavana ihn um die Erlösung bittet, zögert er. Denn er will sie nicht verlieren. Auf der anderen Seite beobachtet er, wie sich ihre Persönlichkeit auflöst und sie hilflos wird. Er weiß, bald kann sie ihr Ende nicht mehr selbst einleiten. Daraus erwächst sein Dilemma.«

Der Film gehörte 2014 zu den Hits im israelischen Kino. »Er traf einen Nerv«, so Sharon Maymon. »Jeder kennt Menschen, denen es ähnlich wie Max geht. Wer es sich leisten kann, reist in die Schweiz und nimmt die Dienste von Dignitas in Anspruch. Das ist keine Lösung. Deshalb haben Abgeordnete der Knesset ein Gesetz zur Legalisierung der Sterbehilfe eingebracht. Leider hat es kaum Chancen. Israel ist ein religiöses Land.« Einige Schauspieler holten gar den Segen ihres Rabbi ein, um überhaupt mitzuspielen.

Sharon Maymon inszenierte die Tragikkomödie gemeinsam mit Tal Granit. Seit 2004 realisierten sie zwei Kurz- und zwei Spielfilme. Produziert wurde die israelisch-deutsche Koprodutktion »Am Ende ein Fest« von Thanassis Karathanos. Der in Berlin lebende Grieche arbeitete bereits für »Adjani« mit den Produzenten aus Israel zusammen.

Mit hintergründigem Witz und ironischen Unterton gehen die Filmemacher das weltweit diskutierte Thema Sterbehilfe an und plädieren für ein selbstbestimmtes Leben und Ende. »Es ist aber nur auf den ersten Blick ein Film zum Thema Sterbehilfe,« betont Tal Granit. »Es ist ein Film über das Leben und die Entscheidungsfreiheit, es beenden zu können, wenn Menschen leiden oder die Lebenslust verlieren«. Die Regisseure verweisen auf Erfahrungen aus dem US-Bundesstatt Oregon. Seit der Legalisierung der Sterbehilfe sei die Selbstmordrate unter Senioren zurückgegangen. Und die Mehrzahl der Bürger, die ein entsprechendes Rezept einlösten, verwahrten die Medikamente bis heute im Arzneimittelschrank. »Sie wissen, die Tür ist offen. Das gibt ihnen die Kraft zu leben,« denkt Sharon Maymon.

Bewusst hat das Regie-Duo das Genre der Tragikkomödie gewählt. »Das ist unser Stil,« betont Tal Granit. »Wenn das Publikum lacht, kann man ihm einen Haken in den Magen versetzen.« Zudem setzten die Regisseure auf die Popularität ihres Hauptdarstellers Zeev Revah. In Israel sei er so bekannt wie bei uns Louis de Funes. »Wenn er mitspielt, weiß das Publikum, dass es witzig wird.«

Shayron Maymon und Tal Granit stellen den Film persönlich zur Premiere am 21. September um 20.00 Uhr im Kino in den Hackeschen Höfen in Berlin vor.

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