15 000 Mann für den Cyberraum

Bundeswehr schult um auf »Enterprise« und rüstet sich für die unsichtbare Kriegsführung

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.
Analog zu Heer, Luftwaffe und Marine will die Bundeswehr ein spezielles Kommando für den Einsatz in der digitalen Welt schaffen. Ein Tagesbefehl der Ministerin, erlassen am Donnerstag, erklärt mehr.

Die Ähnlichkeit in der Aussprache ist sicher zufällig, die Vision nicht. Während Captain James T. Kirk in der US-TV-Serie mit seinem Raumschiff »Enterprise« in unbekannte Bereiche des Universums vordringt, soll das CIRK der Bundeswehr das Vordringen deutscher Streitkräfte in den digitalen Raum planen. CIRK steht für Cyber- und Informationsraumkommando. Noch gibt es das nicht, doch schon bald werden unter seinem Befehl rund 15 000 Mann stehen - topp ausgerüstet, topp ausgebildet.

Mit einem Tagesbefehl hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Grundlagen gelegt, »um die Bundeswehr zukunftsfähig im Cyberraum zu machen« und »zur erfolgreichen Operationsführung im gesamten Informationsraum zu befähigen«. Bereits jetzt sei der Cyberraum - wie Land, Luft, See und Weltraum - »ein fester Begleiter konventioneller Operationsführung«. Man fange also nicht bei Null an, heißt es im Ministerium. Nun gehe es darum, Fähigkeiten zusammenführen.

Als ersten Schritt bildet man einen »kleinen, aber schlagkräftigen« Aufbaustab. Geleitet werde der von Staatssekretärin Katrin Suder. Sie ist - um im »Enterprise«-Bild zu bleiben - also eine Lieutenant Uhura und stellt notwendige Verbindungen zu anderen, mit dem Cyberthema befassten Behörden und der Wirtschaft her.

Von der Leyen hat die Physikerin vor einem Jahr bei einer Unternehmensberatung abgeworben. Die Vorarbeiten der Aufbauhelfer sollen bis Ende 2016 abgeschlossen sein. Am Ende des Gesamtprozesses könnte dann eine eigenständige Streitmacht stehen, die neben und gemeinsam mit dem Heer, der Luftwaffe und der Marine einsetzbar ist.

Bei einer Konferenz zur weiteren Erarbeitung des Weißbuches 2016 über die deutsche Sicherheitspolitik bezog sich von der Leyen am Donnerstag in Berlin auf den Hackerangriff gegen den Bundestag. Spätestens seit diesem Zeitpunkt sei klar, wie bedeutsam es ist, dass man sich im Cyberraum verteidigen kann.

Ihr und ihren Vordenkern war das sicherlich schon vorher klar. Bereits im April hatte sich die Ministerin das »NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence« in Estland angeschaut und sich dort über die Strategie des westlichen Militärbündnisses im neuen, alle Grenzen überschreitenden Kampfgebiet informiert.

Das Militärbündnis hat auf seiner Tagung in Wales vor einem Jahr erklärt, man werde Cyberattacken wie reguläre Angriffe bewerten und den Bündnisfall ausrufen. Wie bei herkömmlichen globalen Operationen denkt man auch im deutschen Verteidigungsministerium an gemeinsame Einsätze mit NATO-Staaten.

Interessiert schaut man auf bestehende Cyber Commands bei Verbündeten. Genannt werden die USA und Israel. Klar ist, dass die »sicherheitspolitische Komponente weit über die sicherheitstechnische Komponente hinausgeht«. Doch: Sowohl bei Einsätzen im Ausland wie im Innern würden alle verfassungsmäßigen Regelungen beachtet, hieß es.

Klar ist das Verteidigungsinteresse des Militärs, das - wie die zivilen Bereiche - immer mehr auf vernetzte digitale Technik setzt. Gleiches gilt für Stäbe und Einrichtungen. Aber wer mit einem STUXNET-USB-Stick das ganze iranische Atomprogramm außer Funktion setzen kann, der sieht Firewalls der Bundeswehr sicher nicht als großes Problem an.

Neben der Abwehr solcher Angriffe auf den Bereich der Bundeswehr ist an eigene »Wirkmittel« gedacht. Klartext: Man will auch angreifen können. Die neuen Cyberfähigkeiten der Bundeswehr könnten das »Wirkspektrum der Bundeswehr« in multinationalen Einsätzen signifikant erweitern. Man denkt an zielgerichtete und koordinierte Maßnahmen zur Beeinträchtigung fremder Informations- und Kommunikationssystemen. Aber auch an die Kollateralschäden?

Die rechtlichen Regelungen für Militäreinsätze stammen aus dem analogen Zeitalter, die realen rechtlichen und politischen Implikationen des militärischen Cyberwesens scheinen somit weitaus komplizierter zu sein, als sich das IT-Experten der Bundeswehr derzeit vorstellen. Die Juristen im Verteidigungsministerium könnten von der Leyen gewiss auf zahlreiche verfassungsrechtliche Klippen hinweisen. Die Zivilgesellschaft schiebt gewiss einen weiteren Berg offener Fragen und Bedenken zusammen.

Sicher ist, dass IT-Experten teuer sind. Da kann das »arme« Militär nicht mithalten. Die Bundeswehr werde daher eng mit den zuständigen zivilen Behörden zusammenarbeiten und erhofft sich eine intensive Vernetzung mit der Wirtschaft. Im Verteidigungsministerium, das sich wie die »Enterprise« anschickt, in unbekannte Bereiche des Universums vorzustoßen, setzt man auf herkömmliche patriotische Gefühle und hofft auf junge, intelligente Leute, die sich - und sei es als Reservisten - melden, um getreu dem Bundeswehr-Wahlspruch zu sagen: »Wir.dienen.Deutschland.«

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