Reform der Vereinten Nationen stockt

Entschließung der UN-Vollversammlung: Wahl des Generalsekretärs soll künftig offener und transparenter werden

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.
Rufe nach einer Reform der Vereinten Nationen, vor allem des Weltsicherheitsrats, gibt es seit langem. Vorschläge auch. Doch die Fortschritte sind bescheiden.

Auch Petro Poroschenko will schnellstmöglich Veränderungen im wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen. Das heißt, vor allem geht es ihm um einen Punkt: »Die Ukraine wird die Frage der Abschaffung von Russlands Vetorecht im UN-Sicherheitsrat auf der 70. Sitzung der Generalversammlung in New York vorantreiben«, so Kiews Präsident. Eigentlich sollte man dort wissen, dass so etwas nur im Rahmen einer grundsätzlichen Reform der Institutionen und Instrumente der UNO möglich, damit auch unmittelbar das Vetoprivileg der anderen ständigen Ratsmitglieder USA, Großbritannien, Frankreich und China betoffen ist - und letztlich nur mit Zustimmung Moskaus selbst zu erreichen wäre.

Russland, gern als großer Blockierer gebrandmarkt, ist seinerseits auch nicht mit der Situation im Weltsicherheitsrat zufrieden. Außenminister Sergej Lawrow etwa fordert eine Reform, weil das Gremium nur noch dazu da sei, Entscheidungen westlicher Länder abzusegnen. Einige Staaten wollten »die internationalen Angelegenheiten dominieren« und »über alle anderen herrschen«. Selbst die von der chinesische Ratspräsidentschaft angesetzte Debatte über die Arbeit des Sicherheitsrats in den vergangenen 70 Jahren geriet letztlich zu einem heftigen amerikanisch-russischen Schlagabtausch über die aktuelle Lage in der Ukraine.

So fiel denn auch das Fazit des jüngsten Treffens der sogenannten Gruppe der Weisen (Elders) ernüchternd aus. In Lichtenstein diskutierten u.a Lakhdar Brahimi (einst UN-Sondergesandter für Syrien und Irak), Gro Brundtland (ehemalige norwegische Ministerpräsidentin) und Martti Ahtisaari (einst Präsident Finnlands) über die Erweiterung des Sicherheitsrats, einen »Verhaltenskodex« bei den Abstimmungen dort sowie die 2016 anstehenden Wahl eines neuen UN-Generalsekretärs. Während die Reform in den ersten beiden Fragen nicht vorankommt, gibt es zumindest beim dritten Punkt Fortschritte.

Vor wenigen Tagen beschloss die Vollversammlung im Konsens, dass die Wahl des nächsten Genrealsekretärs endlich offener und transparenter werden soll. So müssen künftig die Mitgliedstaaten nach Kandidaten für den Posten gefragt werden, wie es in einer entsprechenden Resolution heißt. Die Bewerber sind gehalten, ihre Lebensläufe und Vorstellungen für das Amt allen 193 UN-Staaten vorzulegen und sich einem Bewerbungsgespräch in der Vollversammlung zu stellen. Bislang kungelten die fünf ständigen Ratsmitglieder hinter verschlossenen Türen und ließen ihren Kompromisskandidaten dann von der Vollversammlung bestätigen. In 70 Jahren waren es ausschließlich Männer. Deshalb nun seien Bewerberinnen ausdrücklich erwünscht.

Die Kampagne »1 für 7 Milliarden« begrüßte die Veränderungen als »wichtige Abkehr von einem geheimen und nicht mehr zeitgemäßen Prozess«. Allerdings hatte sie auch vorgeschlagen, dass der Generalsekretär nur eine Amtszeit an der UN-Spitze stehen dürfe, um Wahlkampfversprechen für eine zweite Amtszeit zu verhindern. Das fand sich in der Resolution nicht wieder.

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