Arm durch Reformen
Fabian Lambeck über einen wenig beachteten Zusammenhang
In Deutschland wird fehlende berufliche Qualifikation zunehmend zum Armutsrisiko. Im vergangenen Jahr war fast ein Drittel aller Menschen ohne Berufs- oder Schulabschluss armutsgefährdet. Kein Wunder, mag man meinen: Wer nichts Vernünftiges gelernt hat, verdient später auch weniger Geld. Es stimmt zwar, dass Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung ihre Arbeitskraft auf dem freien Markt billiger verkaufen müssen. Doch es ist nicht das freie Spiel der Kräfte allein, das hier wirkt. Vielmehr hat das Risiko zu verarmen seit 2005 deutlich zugenommen. Dahinter steht die politische Entscheidung, die Hartz-IV-Reform in voller Härte durchzuziehen. Der Zusammenhang zwischen der Reform und dem Ansteigen des Armutsrisikos ist offensichtlich; wurde das Arbeitslosengeld II doch zum 1. Januar 2005 eingeführt. Seit diesem Zeitpunkt ist es für Ungelernte deutlich schwerer geworden, ein armutsfestes Einkommen zu erzielen. Da die Bundesregierung die Mittel für Weiterbildung und Qualifikation im Bereich der Jobcenter in jüngster Zeit massiv zusammengestrichen hat, macht man es den Betroffenen zudem schwer, einen Weg aus der Misere zu finden.
Obwohl selbst Bildung nicht immer vor Armut und prekärer Beschäftigung schützt. Die »Generation Praktikum« ist da nur ein Beispiel. Längst werden viele Dozenten nur noch befristet angestellt und rund 600 000 Akademiker arbeiten zu Niedriglöhnen. Hartz IV trifft eben längst auch die Mittelschicht.
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