Einheitsliste für Kataloniens Unabhängigkeit

Republikanische Linke und Partei des konservativen Ministerpräsidenten Artur Mas einigen sich

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
In Katalonien tritt am 27. September bei den katalanischen Wahlen eine Liste an, deren Ziel die Unabhängigkeit ist. Laut einer Umfrage vom 3. Juli sind derzeit 43 Prozent der Katalanen dafür.

Der katalanische Regierungschef Artur Mas hat sich mit seiner Einheitsliste und der Besetzung für die vorgezogenen Wahlen weitgehend durchgesetzt. Am 27. September wird bei plebiszitären Wahlen legal, aber indirekt über die Unabhängigkeit von Spanien abgestimmt. Zuvor hatte die Regierung in Madrid eine unverbindliche Volksbefragung verboten. Mas hatte eine gemeinsame Liste mit allen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen gefordert, die für die Unabhängigkeit als Ziel eintreten.

Die Republikanische Linke (ERC) lenkte nach langer Ablehnung am Montag ein. ERC-Chef Oriol Junqueras stimmte der Einheitsliste für die Souveränität zu. Der genaue Inhalt der Vereinbarung ist zwar noch nicht bekannt, doch nun ist klar, dass die Liste vom unabhängigen Kandidaten Raül Romeva angeführt wird. Der Europarlamentarier kommt aus der mit der Vereinten Linken verbundenen Initiative für Katalonien. Er verließ sie, weil sie nur für das Selbstbestimmungsrecht Kataloniens eintritt.

Wie erwartet kandidieren auch Vertreterinnen der Zivilgesellschaft. Platz zwei nimmt Carme Forcadell ein. Die einstige ERC-Parlamentarierin gab dafür kürzlich die Präsidentschaft des Nationalkongresses (ANC) auf. Auf Platz drei kandidiert Muriel Casals, die dem Kulturverein Òmnium Cultural vorsteht. Beide haben in den vergangenen Jahren Millionen Menschen mobilisiert, damit aus »Katalonien ein neuer Staat in Europa« wird. Erst auf Rang vier kandidiert Mas und auf Platz fünf Junqueras. ANC und Òmnium hatten die ERC zur gemeinsamen Kandidatur gedrängt.

Die ERC schluckte mehrere Kröten, denn Mas sicherte seiner Partei eine Mehrheitsbeteiligung von bis zu 60 Prozent, obwohl die ERC sie längst in der Wählergunst überflügelt hat.

Die ERC wollte auch, dass keine Politiker auf der Liste kandidieren. Letztlich stimmte sie zu, denn sie befürchtete, dass Mas sonst die plebiszitären Wahlen nicht ansetzt. Junqueras begrüßt das Abkommen aber als »sehr umfassend«, weil es auch festlege, wie eine Koalitionsregierung aussehen soll und wie die Abtrennung von Spanien organisiert wird, wenn man die Wahl gewinnt.

Dass noch nicht alles festgezurrt ist, liegt daran, dass sich das politische Spektrum in Katalonien gerade wieder verändert. Neu ist die am Wochenende gegründete Partei »Katalanische Demokraten«. Es ist eine Abspaltung der »Demokratischen Union« (UDC). Sie bildet Jahrzehnte mit Mas' »Demokratischem Pakt« die Koalition »Konvergenz und Einheit«. Diese zerbrach kürzlich an der Unabhängigkeitsfrage. Bisherige UDC-Führungsmitglieder wie Núria de Gispert und Toni Castellà haben deshalb die »wirkliche UDC neu gegründet«. Anders als die nun schwache UDC will sie die Unabhängigkeit. Wenn Spanien die nicht anerkenne, will sie die Abspaltung - nach Vorbild Kosovo - einseitig erklären. So sieht es die vereinbarte Roadmap aus.

Die linksradikalen Unabhängigkeitsanhänger der CUP lehnen eine Einheitsliste ab, auf der Politiker kandidieren. Mit der ERC hatte die CUP geplant, nach einem Votum für die Unabhängigkeit, erneut wählen zu lassen, um die reale Stärke der Parteien korrekt abzubilden. Dagegen stemmte sich Mas, der das Steuer auf dem Unabhängigkeitsweg in der Hand halten will. Die CUP wird nun eigenständig mit dem Programmpunkt Unabhängigkeit und einem linksradikalen Profil antreten.

Offen ist, ob eine Abspaltung spanischer Sozialisten der Liste beitritt, deren Vertreter an dem Bündnistreffen teilnahmen. Unklar ist ferner die Position der linken Basisbewegung Podemos oder von Barcelona en Común. Letztere regiert nun die katalanische Hauptstadt Barcelona. Podemos vertritt zwar das Selbstbestimmungsrecht, ist in Spanien mehrheitlich gegen eine Unabhängigkeit der Regionen. Die neue Bürgermeisterin Barcelonas, Ada Colau, hatte im November bei der Volksbefragung »Ja« zur Selbstbestimmung und »Ja« zur Unabhängigkeit gesagt.

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