»Als ob man nichts gesagt hätte«
Yanis Varoufakis im Gespräch
Berlin. Vor der Abstimmung im griechischen Parlament über das erste von den Gläubigern verlangte Gesetzespaket hat sich eine Mehrheit im SYRIZA-Führungszirkel gegen die Vereinbarung vom Eurogipfel ausgesprochen. Von 201 Mitgliedern des Zentralkomitees blieben 109 bei ihrem »Oxi«. Auch gab es erneut einen Rücktritt aus der Regierung - die Vize-Finanzministerin gab ihr Amt ab.
Premier Alexis Tsipras hatte am Vorabend »die Verantwortung für alle Fehler« übernommen, die er »möglicherweise gemacht habe. Ich übernehme die Verantwortung für einen Text, an den ich nicht glaube, aber den ich unterzeichnet habe, um ein Desaster für das Land zu vermeiden, den Kollaps der Banken.« In einem Interview mit dem Sender ERT1 am Abend wurde Tsipras auch nach Yanis Varoufakis gefragt, dem früheren Finanzminister, der nach dem Referendum aus dem Amt geschieden war. Der SYRIZA-Chef antwortete, »ein guter Ökonom ist nicht zwingend ein guter Politiker. Er machte Fehler, wie wir alle, mich eingeschlossen.«
Das war aber nicht als Distanzierung gemeint. Varoufakis bleibe sein »Freund«, so Tsipras weiter - und mit Blick auf die europaweite Verachtung, die dem unkonventionellen Schäuble-Kontrahenten bis heute entgegenschlägt: »Nicht sein Charakter ist für den Verhandlungsverlauf verantwortlich. Dieser war politisch gewollt.«
Wie das geschah, wo und wie die griechische Seite in der Eurogruppe blockiert wurde, das hat Yanis Varoufakis kurz vor dem Euro-Gipfel der britischen Zeitschrift »New Statesman« erzählt. Wir machen das Gespräch in dieser Ausgabe auch auf Deutsch zugänglich - weil es einen Einblick in die Mechanik und Kultur des Konflikts um die europäische Krisenpolitik und um den Umgang mit der europaweit einzigen wirklich linken Regierung gibt. Das sollte gerade dort von Interesse sein, wo die vehementesten Widersacher Athens zu Hause sind: in Deutschland.
In der »Welt«, einer Zeitung, die sich bereits um die Diffamierung der griechischen Regierung verdient gemacht hat, wurde Tsipras’ Fernsehinterview vom Dienstagabend übrigens mit den Worten kommentiert: »Dieser Mann, so zeigt sich spätestens jetzt, wird nie wirklich ein Partner sein. Sondern immer ein Antagonist.« Sie wissen gar nicht, was für eine Wahrheit sie da schreiben. tos Seiten 2, 3 und 8
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