Auch Ikonen wechseln den Arbeitgeber

Xavi, Casillas, Gerrard, Cech: Erstaunlich viele Vereinshelden haben in diesem Sommer ihre angestammten Arbeitsplätze verlassen

  • Holger Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach 26 Jahren war bei Steven Gerrard in Liverpool Schluss, genausolange stand Iker Casillas in Madrid zwischen den Pfosten der Königlichen. Alle Ären enden.

Bastian Schweinsteiger war 17 Jahre bei Bayern München, Xavi 24 Jahre beim FC Barcelona, Iker Casillas und Steven Gerrard spielten sogar 26 Jahre für Real Madrid und den FC Liverpool - und nun sind alle weg. Für Fußball-Romantiker mit dem »Wappen im Herzen« war dieser Sommer bisher kein guter, zahlreiche Vereins-Ikonen im internationalen Fußball haben in dieser Transferperiode den Klub gewechselt.

Dazu kann man auch den tschechischen Torhüter Petr Cech zählen, der nach elf Jahren beim FC Chelsea innerhalb Londons zum FC Arsenal wechselt. Und auch im deutschen Fußball gab es bemerkenswerte Transfers: Gonzalo Castro wechselte nach 16 Jahren bei Bayer Leverkusen zu Borussia Dortmund, Torhüter Sven Ulreich nach 17 Jahren beim VfB Stuttgart zu den Bayern. Und in der 2. Liga verließ Andreas »Lumpi« Lambertz, der mit seinem Verein von der Oberliga bis in die Bundesliga durchmarschiert war, nach 13 Jahren unfreiwillig Fortuna Düsseldorf und schloss sich dem Drittligisten Dynamo Dresden an.

Die Gründe für die Wechsel sind oft ähnlich gelagert. Der Reiz, kurz vor dem Karriereende noch einmal »eine neue Herausforderung« zu suchen, besteht bei allen. Schweinsteiger (30) wechselt von der Bundesliga in die Premier League zu Manchester United, Casillas (34) von Madrid zum FC Porto, Steven Gerrard (35) gar zu Los Angeles Galaxy in die USA und Xavi (35) zum al-Sadd Sport Club nach Katar.

Nicht nur, aber vor allem bei letzterem, wird auch das Geld eine große Rolle gespielt haben. Frei nach Uli Hoeneß, der den Wechsel von Michael Ballack von den Bayern zu Chelsea einst mit den Worten kommentierte, Ballack habe keine neue Sprache oder neue Kultur kennenlernen wollen, sondern einfach nur eine neue Währung.

Doch in allen Fällen war es so, dass die Vereins-Ikonen den Status der Unantastbarkeit verloren hatten und sich ein lockeres Auslaufen auf der Bank ersparen wollten. Es ist bezeichnend, dass allenfalls Schweinsteiger als jüngste der wechselnden Ikonen in etwa auf einem Niveau bleibt.

Wer reflexartig die »guten, alten Zeiten« beschwört, verkennt jedoch die Realität. Zwar gab es Fälle wie den von Bundesliga-Rekordspieler Karl-Heinz Körbel (19 Jahre nur bei Eintracht Frankfurt), Fritz Walter spielte nur in seiner Zeit als Infanterist in Lothringen für zwei andere Vereine als den 1. FC Kaiserslautern und HSV-Held Uwe Seeler nur für ein Gastspiel für Cork Celtic. Doch viele andere brachen auch damals auf ihre alten Fußballer-Tage noch einmal zu neuen Ufern auf. Franz Beckenbauer verließ mit 32 die Bayern, um zu Cosmos New York zu gehen, Gerd Müller ging mit 33 zu den Ford Lauderdale Strikers ebenfalls in die USA.

Auf ein Karriereende bei »seinem« Klub scheint derweil Francesco Totti hinzusteuern. Der Italiener wird im September 39 und spielt immer noch für den AS Rom. Seit nun 26 Jahren schon. SID

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