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Argentiniens goldene Füße können nicht siegen

Gastgeber Chile gewinnt die Copa América mit 4:1 im Elfmeterschießen gegen den Fußball-Vizeweltmeister

  • Heiner Gerhardts, 
Santiago de Chile
  • Lesedauer: 3 Min.
Lionel Messi muss weiter auf seinen ersten großen Titel mit der Selección warten. Der 28-Jährige, der mit dem FC Barcelona alles gewonnen hat, bleibt in der Nationalmannschaft vieles schuldig.

Diesmal schaute er erst gar nicht rüber zur Trophäe. Lionel Messi eilte mit gesenktem Blick eilig vom Siegerpodest herunter, riss sich die kurz zuvor umgehängte Silbermedaille vom Hals und verschwand gefrustet im Spielertunnel. Der 28-Jährige, Alles-Gewinner mit dem FC Barcelona, steht nach dem erneuten Drama im Finale der Copa América bei Argentiniens Fußballnationalmannschaft weiter in der Bringschuld.

»Pesadilla II«, Albtraum Zwei, titelte mit Anspielung auf das verlorene WM-Endspiel gegen Deutschland im Vorjahr Argentiniens führendes Sportblatt Sekunden nach Abpfiff der torlosen 120 Minuten und dem 1:4 im Elfmeterschießen gegen Turniergastgeber Chile auf seiner Webseite.

Schlimmer noch: Der Vizeweltmeister, der zuletzt 1993 beim südamerikanischen Nationencup triumphierte, verlor zum fünften Mal in Folge ein Endspiel; nach Copa América 2004 und 2007, Confed Cup 2005 und der WM in Brasilien. Der goldenen Generation um Messi (28), Sergio Agüero (27), Ángel Di María (27), Gonzalo Higuaín (27), Carlos Tevez (31) und Javier Mascherano (31) rennt drei Jahre vor der WM 2018 in Russland nun die Zeit davon.

Zu allem Überfluss wurde die Familie Messis laut Medienberichten in Santiago de Chile auf der Tribüne attackiert und musste sich in einem TV-Studio in Sicherheit bringen. Im »Estádio Nacional«, das gut 45 000 Chile-Fans in Rot gekleidet hatten, hofften die immerhin 5000 angereisten Albiceleste-Anhänger im entscheidenden Moment vergeblich auf Geistesblitze des viermaligen Weltfußballers. Zwar bereitete Messi die klarsten Chancen durch Agüero (20.) und mit der letzten Aktion vor der Verlängerung durch Higuaín vor, zudem verwandelte er Argentiniens einzigen Elfmeter im Showdown, dennoch schrieb La Nacion: »Seine Kategorie Ausnahmekönner steht nicht zur Diskussion, aber in der Selección kehrt ihm der Ruhm weiter den Rücken zu.« Derweil zelebrierten die »Campeones« ausgelassen ihren Premierentriumph bei der 44. Auflage des ältesten Fußball-Nationenturniers. »Feiertag, Feiertag«, riefen Chiles Helden in der Siegesnacht auf dem Balkon des Präsidentenpalastes La Moneda Richtung Staatschefin Michelle Bachelet.

Zuvor hatte Alexis Sanchez von Englands FA-Cup-Sieger FC Arsenal mit dem letzten Versuch im Elfmeterschießen das Estádio Nacional in einen Hexenkessel verwandelt, nachdem der Argentinier Gonzalo Higuáin seinen Schuss über das Tor gejagt hatte und Landsmann Éver Banega an Chiles Torwart Claudio Bravo gescheitert war. Matías Fernández, der Ex-Leverkusener Arturo Vidal und Charles Aránguiz waren für die Chilenen ebenfalls vom Elfmeterpunkt aus erfolgreich.

»Wir mussten einfach gewinnen, egal wie. Nach all dem, was wir hier bei der Copa gezeigt haben, sind wir die verdienten Sieger«, jubelte der Hamburger Marcelo Diáz, der als einziger von Chiles Bundesliga-Trio im Finale im Einsatz war. Der gesperrte Gonzalo Jara (Mainz) und Reservist Miiko Albornoz (Hannover) drehten die Ehrenrunde im Stadion mit.

Da waren die meisten Argentinier schon im Mannschaftsbus verschwunden. Auch Pechvogel Ángel Di María, der vor einem Jahr das WM-Finale wegen einer Muskelverletzung verpasst hatte und diesmal nach einer halben Stunde wegen einer Zerrung im rechten Oberschenkel den Platz verlassen musste. Nicht nur deshalb klagte »Oldie« Mascherano, bei vier der fünf verlorenen Finals dabei: »Das ist eine Folter.« SID/nd

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