FIFA verhindert Eklat zwischen Palästina und Israel

Ein Suspendierungsantrag wird zurückgezogen, eine Abstimmung abgelehnt - trotzdem reichen sich die Kontrahenten später die Hände

  • Oliver Eberhardt, Tel Aviv
  • Lesedauer: 4 Min.
Palästina wollte in Zürich die Suspendierung von Israels Fußballverband erreichen, zog den Antrag jedoch zurück. Die Blockade von palästinensischen Fußballern will die FIFA aber beobachten.

Es ist, als stünde das nächste Spiel Deutschlands gegen Brasilien bevor: Gut 200 Journalisten, von Al Jazeera bis zur New York Times, sagt Jibril Rajoub, Vorsitzender des palästinensischen Fußballverbandes, haben sich bislang für den 11. Juni im Faisal al-Husseini-Stadion außerhalb von Ost-Jerusalem angekündigt: »Noch nie hat wohl ein Spiel zwischen dem 95. und dem 141. der FIFA-Weltrangliste so viel Aufmerksamkeit verursacht.«

Der 141. ist Palästina, Nummer 95 die Nationalmannschaft Saudi-Arabiens; das Spiel ist Teil der Qualifikation zur WM 2018. Es wäre das erste Mal, seit Israel 1967 das Westjordanland besetzte, dass Funktionäre aus einem Land, mit dem sich Israel offiziell im Kriegszustand befindet, in die besetzten Gebiete einreisen dürfen. Wenn das Spiel wie geplant stattfindet: Denn Spieler beider Teams müssen auf ihrem Weg zum Stadion an einer Vielzahl von israelischen Grenzposten und Militärkontrollen vorbei. Dort wird auch für den Sport keine Ausnahme gemacht.

Die Behinderungen, denen der palästinensische Fußball tagtäglich ausgesetzt ist, waren am Freitag auch ein umstrittenes Thema beim FIFA-Kongress: Rajoub hatte die Suspendierung von Israels Verband beantragt. »Wir haben sehr lange über Verbesserungen verhandelt; man hat uns viel versprochen, aber geändert hat sich nichts«, begründete er den Schritt. Kurz vor der Abstimmung zog er den Antrag jedoch zurück. Zahlreiche andere Verbandsvertreter, darunter DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hätten ihn darum gebeten, sagte Rajoub in Zürich. »Das heißt aber nicht, dass ich meinen Widerstand aufgeben werde. Das ist für mich keine emotionale Frage, es geht für mich um Leben und Tod.«

Stattdessen soll eine Kommission die Bewegungsfreiheit der Spieler in Palästina überwachen. Dieser Antrag wurde mit 165:18 Stimmen angenommen. Palästinas Vertreter hatten gehofft, die FIFA würde zudem die UNO auffordern, über den territorialen Status der besetzten Gebiete zu entscheiden. Fünf israelischen Klubs sollte das Bestreiten von Spielen in den besetzten Gebieten verboten werden. Doch der amtierende FIFA-Präsident Sepp Blatter lehnte eine Abstimmung darüber kurz vor der Präsidentenwahl (nach Red.) ab. Nach einigem Hin und Her reichten sich Rajoub und sein israelischer Kollege Ofer Eini schließlich die Hände. »Es liegt an Israel zu helfen und etwas mehr mit Palästina zu teilen«, sagte Blatter.

Palästinensische Nationalspieler, die im Gazastreifen leben, sind von Reisegenehmigungen des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Beth abhängig, um etwa im Westjordanland zu trainieren. So ist auch unklar, ob zum Saudi-Arabien-Spiel genug Spieler da sein werden; »meist wissen wir das erst sehr kurz vor dem Spiel«, so Rajoub. Es ist das vierte Heimspiel, das in Palästina abgehalten werden soll: Meist wird in Katar oder Ägypten gespielt. Auch dann gilt: Niemand weiß, ob die Spieler ausreisen dürfen.

Die Palästinenser hatten gehofft, dass die FIFA Israel die Gelbe Karte zeigt, doch die FIFA wollte nicht in die Weltpolitik hineingezogen werden. »Es gibt Dinge, auf die wir keinen Einfluss haben«, sagte Blatter während eines Besuchs in der Region. Er habe keine Anhaltspunkte dafür, dass der israelische Verband die Statuten verletze; Entscheidungen über Beschränkungen für Palästinenser würden nicht von Verbänden, sondern von Regierungen getroffen.

Tatsächlich bemühen sich die FIFA, aber auch der israelische Verband IFA bereits seit Jahren darum, Erleichterungen für den palästinensischen Fußball zu erreichen. So einigten sich die Sicherheitskräfte beider Seiten mit den Verbänden auf einen Mechanismus, der sowohl den Spielern der Nationalelf als auch denen der palästinensischen Fußballliga Bewegungsfreiheit verschaffen sollte.

Dennoch wurden Spielern immer wieder Genehmigungen verwehrt - aus politischen Gründen, sagte Rajoub, und wirft der IFA vor, sie habe sich »dazu entschlossen, zur Stütze des Apartheidregimes zu werden«. »Es waren die Palästinenser selbst, die daraus eine politische Sache gemacht haben«, entgegnete IFA-Präsident Ofer Eini: Der palästinensische Verband habe den Mechanismus zerstört, indem er zugelassen habe, dass militante Gruppen die Bewegungsfreiheit missbrauchen. So erwischte die palästinensische Polizei Spieler, die ihre Bewegungsfreiheit als Kuriere für Hamas und Islamischen Dschihad nutzten. Andere Spieler sind in teils militanten Kampfgruppen aktiv. Und Rajoub selbst war unter Jassir Arafat Chef des palästinensischen Inlandsgeheimdienstes.

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