Kein Herz für Flüchtlinge

Martin Ling über hehre Worte und magere Taten beim EU-Gipfel

Finanziell eine Rolle rückwärts, politisch ein Schlag ins Wasser. Die monetäre Ausstattung der EU-Grenzschutzmission Triton wird verdreifacht und beläuft sich damit mit neun Millionen Euro pro Monat exakt auf dem Niveau, das Italien alleine von Oktober 2013 bis November 2014 mit der Operation »Mare Nostrum« gestemmt hatte. Der quantitativen Aufwertung entspricht freilich keine qualitative: Triton bleibt Triton und damit dem Grenzschutz verpflichtet, während Mare Nostrum mit dieser Regel brach und auf Seenotrettung setzte. Bis vor die libysche Küste und mit Erfolg: Über 140 000 Schiffbrüchige konnten gerettet werden.

Zwei Flüchtlingskatastrophen in kurzem zeitlichen Abstand mit über 1000 Toten mögen die EU-Staatschefs medial so unter Druck setzen, dass mit einem Sondergipfel reagiert wird. Für einen Politikwandel, auf den sich die 28 EU-Staaten verständigen müssten, reicht das noch lange nicht.

»Vor allem, und das kommt an allererster Stelle - geht es darum, Menschenleben zu retten und dazu auch die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen.« Das sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel auf dem Gipfel. Wohl wahr, nur dass die geeigneten Maßnahmen zum wiederholten Male nicht in Angriff genommen wurden: Kurzfristig kann es nur darum gehen, eine zivile europäische Seenotrettung aufzubauen. Mittel- und langfristig nur darum, den Flüchtlingen zu Hause lebenswerte Perspektiven zu verschaffen. Nur wer nichts mehr zu verlieren hat, begibt sich hinaus aufs Meer.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.