Abe und die Opfer
Olaf Standke über Japans Umgang mit seiner Kriegsvergangenheit
Wenige Monate vor dem 70. Jahrestag der japanischen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg ist auch das ein Zeichen: Shinzo Abe ließ dem Kriegsschrein Yasukuni in Tokio einen als heilig geltenden Masakaki-Baum als Opfergabe zukommen. Nun kann man den Verzicht des rechtskonservativen Regierungschefs auf einen Pilgergang zur umstrittenen Gedenkstätte als Zurückhaltung deuten. Aber natürlich wusste er, dass auch dieser Akt bei den Opfern der Aggression in China und Südkorea für Empörung sorgen würde - und so letztlich wieder eine Provokation ist.
Prompt rief das Pekinger Außenministerium Japan auf, »sich ernsthaft mit seiner brutalen Geschichte auseinanderzusetzen«. Das fällt Nippon noch immer schwer, wie nicht nur der Schrein zeigt, in dem auch 14 hingerichtete Kriegsverbrecher geehrt werden. Für Abe mit seiner nationalistischen Politik waren die Urteile Siegerjustiz. Gerade erst provozierten neu zugelassene Schulbücher Schlagzeilen, weil Japans Gräueltaten kaum eine Rolle spielen, zwei in der Region umstrittene Inselgruppen aber kurzerhand zum japanischen Territorium erklärt werden. Historiker schätzen, dass die kaiserliche Armee in Asien über 20 Millionen Menschen getötet hat. Abe aber erklärte schon, dass er nicht gedenke, zum Jahrestag des Kriegsendes Entschuldigungen seiner Vorgänger zu wiederholen.
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