Von Gewinnern und Verlierern

Landesbanken haben die Finanzkrise überstanden - doch die Altlasten bleiben

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Öffentliche Banken wirken wie ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten. Einigen fehlt ein lukratives Geschäftsmodell.

Eines der ersten Opfer der Finanzkrise ab 2007/2008 war die Landesbank Sachsen. Von ehrgeizigen Politikern in ein überdimensioniertes Institut mit einer Tochtergesellschaft in Irland verwandelt, verzockte sie sich im Geschäft mit US-amerikanischen Hypothekenmarktkrediten. Die Leipziger wurden von der kapitalstärkeren Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) übernommen, und so blieb der Sparkassen-Gruppe 2008 eine peinliche Pleite erspart. Das regionale Kundengeschäft wird seither von der LBBW unter dem neuen Markennamen »Sachsen Bank« weiterbetrieben.

Doch wie die meisten Landesbanken kamen auch die Baden-Württemberger nicht ungeschoren durch die Krise. Das hatte weiter zurückliegende Gründe: Eine Klage der Deutschen Bank bei der Europäischen Kommission hatte den nur in Deutschland verwurzelten Landesbanken, deren ursprüngliche Aufgabe es war, für die einzelnen Bundesländer Bankgeschäfte auszuführen und größere Infrastrukturprojekte zu finanzieren, 2005 die Staatsgarantien sowie damit die günstige Refinanzierung gekostet.

Bevor es so weit war, hatten sie sich schnell noch schätzungsweise 300 Milliarden Euro gepumpt und in ihre Expansion gesteckt. Doch im Jahr eins nach dem Ausbruch der Finanzkrise machte die LBBW einen Milliardenverlust - tausende Jobs wurden »abgebaut«, das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart stützten das Institut mit fünf Milliarden Euro. Milliardenschwere Rettungspakete wurden auch in München, Hamburg und Kiel für die dortigen Landesbanken geschnürt. Am härtesten traf es die Düsseldorfer WestLB: Sie wurde 2012 zerschlagen.

Entgegen allen früheren Unkenrufen sind die sieben verbliebenen Landesbanken heute wieder »erfolgreich aufgestellt« - davon ist man zumindest im Bundesverband Öffentlicher Banken (BÖB) überzeugt. Gewagte Geschäftsmodelle, die einst aus den Regionalinstituten Global Player machen sollten, wurden auf ein Normalmaß zurechtgestutzt. Doch obwohl solche Spitzen gekappt wurden, gehören die Landesbanken immer noch zu den Topakteuren: Unter den nach der Bilanzsumme zehn größten Banken Deutschlands befinden sich vier Landesbanken.

In den vergangenen fünf, sechs Jahren haben die Mitarbeiter »geknüppelt wie die Irren«, sagte LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter kürzlich auf der Bilanzpressekonferenz. Das Geschäftsvolumen wurde um ein sattes Viertel verkleinert. Man komme, so Vetter, beim Abbau von Risiken weiter voran - dem Land winkt für 2014 sogar eine Dividendenzahlung. Alle Landesbanken schreiben laut BÖB inzwischen wieder »operativ schwarze Zahlen«.

Doch das ist keine Garantie für die Zukunft. Wenigstens in Stuttgart und auch bei der BayernLB in München dreht man immer noch ein Riesenrad. Universalbank mit internationaler Ausrichtung will man auch zukünftig sein, heimische Firmen auf den Wachstumsmärkten in Asien begleiten. Und um die »bayerische Bank für die deutsche Wirtschaft« zu werden, eröffnet die Landesbank von der Isar Niederlassungen in Stuttgart, Berlin und Hamburg.

Auch die BayernLB zahlte bereits Staatshilfen zurück. Selbst das Milliardendebakel im Zuge der Übernahme der österreichischen Hypo Alpe Adria scheint verdaut. Doch gerade wurden die Münchner von der Republik Österreich auf 3,5 Milliarden Euro Schadensersatz verklagt. Außerdem möchte Wien die Abwicklung der Ex-Hypo per Zinsmoratorium und Schuldenschnitt von den Gläubigern, darunter der BayernLB, bezahlen lassen.

Im Norden der Republik hat die HSH Nordbank mit anderen Problemen zu kämpfen: Als einst weltgrößter Schiffsfinancier leidet die Landesbank Hamburgs und Schleswig-Holsteins weiterhin unter der Krise der weltweiten Handelsschifffahrt. An der Elbe zeigt sich das Dilemma der öffentlich-rechtlichen Großbanken: Der Platzhirsch Hamburger Sparkasse vergibt weit mehr Firmenkredite als die HSH. Der »Kollege« BayernLB, aber auch ausländische Institute wie die britische HSBC oder die Bank of China drängen auf den norddeutschen Finanzmarkt, um mit den vor Kraft strotzenden hanseatischen Mittelständlern ins Geschäft zu kommen. Die HSH finanziert statt heimischer Wirtschaft nun Windparks in Frankreich und Finnland.

Die WestLB wiederum spielte noch bis in die 2000er Jahre unter der sozialdemokratischen »Macht am Rhein«, dem 2004 verstorbenen Friedel Neuber, sogar auf Augenhöhe mit der Deutschen Bank. Geblieben ist nur noch die »Erste Abwicklungsanstalt«. Laut Zwischenbericht konnte diese Bad Bank zum September 2014 die problematischen WestLB-Geschäfte halbieren. Dennoch warten Kredite und Wertpapiere über mehr als 500 Milliarden Euro noch auf Abnehmer. Während die Altlasten weiterhin Milliarden auf Kosten der Steuerzahler verschlingen, übernahm die Landesbank Hessen-Thüringen das lukrative Sparkassengeschäft der WestLB in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Die Helaba ist als einer der Gewinner aus der Krise der Landesbanken hervorgegangen.

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