Verweigerung der Bittsteller
Christin Odoj über den zweckgebundenen Gutscheinwahn
»Hätten wir nur Geld überwiesen, wäre das verpufft«, kommentierte die damalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets vor vier Jahren. Das ist das Klima, in dem sich Menschen bewegen, die weniger oder gerade einmal das Existenzminimum von etwa 930 Euro zur Verfügung haben.
Damit das Geld da landet, wo es landen soll, hat der Mensch den Gutschein bzw. den Antrag erfunden. Und nun das: Über die Hälfte derer, die eigentlich Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) haben, nutzen diese gar nicht. Ist die Bedürftigkeit doch nicht so groß? Das Gegenteil ist der Fall, das weiß auch der Senat. Natürlich gibt es sie, die Allesverweigerer, die von niemandem etwas erwarten und andersherum. Aber ein Großteil, und das zeigen Umfragen, will raus aus der Armut und da macht es ihnen das BuT nicht immer leicht. Es ist zu hinterfragen, inwiefern seitenlange Anträge - bei unterschiedlichen Stellen einzureichen -, die nur für ein halbes Jahr bewilligt werden, sinnvoll sind. Manchmal geht es um Kleinstbeträge. Viele Eltern verzichten dann auf Geld, das ihnen zusteht und sie am Ende doch wieder in Schwierigkeiten bringt. Auch aus Scham vor der eigenen Bedürftigkeit, die mit jedem Antrag neu bestätigt wird. Lernmittelbefreite Kinder sind den Schulen und Ämtern doch bekannt. Warum also nicht einfach Kinder von Zuzahlungen zum Mittagessen und Klassenfahrten befreien?
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