Parteien zeigen Flagge gegen Rechtsradikale

Gemeinsame Erklärung aller im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen / Verfassungsschutz sieht keinen Zulauf

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.
Angesichts des für Samstag befürchteten Aufmarsch von Neonazis in Marzahn-Hellersdorf haben alle Parteien, die im Abgeordnetenhaus vertreten sind, eine Erklärung gegen Rechts verfasst.

So viel Gemeinsamkeit gab es lange nicht mehr. SPD, CDU, Grüne, Linkspartei und Piraten haben sich zu einem gemeinsamen Aufruf gegen Rechtsextremismus zusammengetan. »Wir verurteilen den Versuch von Rechtspopulisten und Neonazis, mittels plumper Stimmungsmache und Hasspropaganda Ressentiments gegenüber den nach Berlin geflüchteten Menschen zu erzeugen«, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten und von den Landesvorsitzenden Jan Stöß (SPD), Frank Henkel (CDU), Bettina Jarasch und Daniel Wesener (beide Grüne), Klaus Lederer (LINKE) sowie Bruno Kramm (Piraten) unterzeichneten Erklärung. Alle Berliner seien aufgerufen, sich angesichts der Zunahme der Fremdenfeindlichkeit davon zu distanzieren. »Deshalb rufen wir gemeinsam dazu auf, sich der menschenfeindlichen Hetze von Rechtspopulisten und Neonazis entgegenzustellen und friedlich dagegen zu protestieren.«

Der nächste rechte Aufmarsch gegen eines der sechs in Berlin geplanten Containerdörfer für Flüchtlinge soll am kommenden Samstag in Marzahn-Hellersdorf stattfinden – die Neonazis mobilisieren dafür sogar bundesweit. Bisher hat eine »Privatperson« einen Aufmarsch mit 300 Teilnehmern angemeldet. Da aber bereits am vergangenen Montag über 700 Rechte und Anwohner liefen, könnte es am Wochenende noch mehr werden. Einer der größten rechtsextremen Aufmärsche seit langem stehe bevor, befürchten Szeneexperten.

Wo genau die Nazis aufmarschieren werden, war am Mittwoch allerdings noch unklar. »Da laufen noch Gespräche mit dem Veranstalter«, sagte ein Polizeisprecher dem »neuen deutschland«. Weil die Route noch nicht feststeht, wissen die Gegendemonstranten ebenfalls noch nicht, wo ihr Protest stattfinden wird. Mehrere Gegenveranstaltungen sind zwar angemeldet. »Das wird alles sehr kurzfristig am Freitag entschieden«, sagte Dirk Stegemann von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN/BdA).

Der Berliner Verfassungsschutz will trotz der hohen Anzahl von Aufmärschen gegen die Flüchtlingsunterkünfte in Buch, Köpenick und Marzahn beobachtet haben, dass die Berliner Neonazigruppierungen durch die Debatte um die Asylsuchenden »bisher keinen Zulauf erhalten« haben. »Das Potenzial der rechtsextremen Szene hat sich nicht vergrößert«, sagte der Chef des Nachrichtendienstes, Bernd Palenda, am Mittwoch im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses. Grüne und Linkspartei hatten das Thema auf die Agenda gehoben. Gefährlich seien die Aktivitäten dieses Spektrums trotzdem, erklärte Palenda. Die Neonazis würden das Thema aufnehmen und für ihre Zwecke instrumentalisieren.

Ob die von Rechtsextremen übers Internet gesteuerten Proteste gegen die Unterkünfte weiter größer werden, dürfte auch davon abhängen, wie viel Widerstand den Aufmärschen vor Ort entgegengebracht wird. Nachdem viele Aufmärsche in den Randbezirken vor einigen Wochen nahezu unbehelligt stattfinden konnten, gibt es inzwischen immer mehr Gegenproteste und Willkommensinitiativen für die Asylsuchenden.

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