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Die schwarze Null soll stehen

Steuereinnahmen des Landes steigen nicht mehr so stark wie früher erwartet

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 5 Min.
Brandenburg muss nach der jüngsten Steuerschätzung mit 530 Millionen Euro weniger auskommen. Die CDU lehnt eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer ab.

Die fetten Jahre gehen vorbei. Die Steuereinnahmen steigen nicht mehr so stark. Finanzminister Christian Görke (LINKE) hatte damit zuletzt schon gerechnet und von einer Herausforderung gesprochen, die das rot-rote Kabinett annehmen werde.

Jetzt ist es klar. Das regional aufgeschlüsselte Ergebnis der November-Steuerschätzung liegt nun vor. Demnach werden die Einnahmen geringer ausfallen als noch im Mai prognostiziert. »Für den derzeit in Planung befindlichen Doppelhaushalt 2015/2016 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2018 bedeutet dies Mindereinnahmen von insgesamt rund 530 Millionen Euro«, erklärte Görke. Das Land soll aber die Schwerpunkte der rot-roten Politik bezahlen können - das sind bessere Bildung und soziale Teilhabe -, und es soll trotzdem einen ausgeglichenen Haushalt haben. Der Finanzminister rechnet mit intensiven Verhandlungen mit seinen Kabinettskollegen. »Daran führt kein Weg vorbei. Wie müssen jeden Stein umdrehen, um das Ziel zu erreichen.«

Schon für das laufenden Jahr muss Brandenburg mit 120 Millionen Euro weniger Steuern rechnen als früher gedacht. »Ich bin dennoch zuversichtlich, dass wir das Jahr 2014 mit einer schwarzen Null abschließen können«, sagt Görke. »Es wird nicht leicht, aber wir steuern eine Punktlandung an.«

Nach der jüngsten November-Schätzung darf Brandenburg für das laufende Jahr noch Steuereinnahmen in Höhe von 6,83 Milliarden Euro erwarten. Auf der Basis der Schätzungen vom November 2013 und vom Mai 2014 war das Finanzressort bislang von 6,98 Milliarden ausgegangen. Ein Jahresetat hat in Brandenburg einen Umfang von rund zehn Milliarden Euro. Die Differenz zu den Steuereinnahmen kann gegenwärtig durch Mittel aus dem Länderfinanzausgleich und aus dem Solidarpakt ausgeglichen werden. Im vergangenen Jahr blieb sogar etwas Geld übrig, um erstmals seit 1990 den Schuldenberg ein klein wenig abzutragen. Kredite in Höhe von 18 Milliarden Euro hatte das Bundesland mittlerweile aufgehäuft.

Doch der Solidarpakt läuft zum Jahr 2019 aus. Bis dahin wird diese extra Finanzhilfe des Bundes für die ostdeutschen Länder schrittweise zurückgefahren. Auch Brandenburg muss die Lücke schließen, indem es Ausgaben beschränkt und seine Einnahmen Zug um Zug steigert. Das ist vorgesehen. Bei 7,98 Milliarden Euro sollten die Einnahmen im Jahr 2018 liegen. Nach der jüngsten Steuerschätzung sollen es jedoch nur noch 7,85 Milliarden sein.

In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD und LINKE vereinbart, eine nochmalige Erhöhung der Grunderwerbssteuer zu prüfen. Sie liegt seit der letzten Anhebung bei fünf Prozent, die einmalig auf den Kaufpreis eines Grundstücks aufgeschlagen werden.

Dem Landtagsabgeordneten Ludwig Burkardt (CDU) schmeckt dies nicht. »Wir befinden uns weiterhin in einer ausgesprochen positiven gesamtwirtschaftlichen Lage«, urteilt der Experte, der beinahe 20 Jahre lang im Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen saß, bevor er 2009 in den Landtag einzog. »Brandenburg eilt von einem Einnahmerekord zum nächsten, wenn auch nicht mehr ganz so stürmisch wie bisher«, sagt Burkardt. Seiner Ansicht nach wäre eine Anhebung der Grunderwerbssteuer »daher vollkommen fehl am Platz«. Durch diese Steuererhöhung »würde die Landesregierung für einen direkten Anstieg der Mieten sorgen, obwohl sie den Bürgern genau das Gegenteil versprochen hat«.

Der rot-rote Senat von Berlin hatte die Grunderwerbssteuer in der Hauptstadt bereits zum 1. Januar 2007 von 3,5 auf 4,5 Prozent erhöht. Doch damit nicht genug. Er langte damals obendrein bei der Grundsteuer zu. Pro Quadratmeter mussten die Berliner Bürger deswegen fortan mehr Geld hinlegen. Denn die Grundsteuer wird jedes Jahr, also immer wieder verlangt und auf die Miete umgelegt. Für eine durchschnittliche Dreiraumwohnung standen deshalb etwa 40 Euro mehr auf der Abrechnung der Betriebskosten. Familien mit mehreren Kindern und entsprechend größerem Quartier wurden und werden in der Hauptstadt noch stärker zu Kasse gebeten. Dem seinerzeitigen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) mochte die Summe nicht erheblich erscheinen, für Eltern mit Niedriglöhnen, die zum Jahresende sehen müssen, wie sie alle ihre Rechnungen bezahlen, sah das aber anders aus. Die Erhöhung der Grundsteuer sorgte bei einigen Anhängern der Linkspartei für Verbitterung.

Eine moderate Anhebung der Grunderwerbssteuer wie in Brandenburg gilt dagegen als sozial vertretbar, da sie die Mieter und damit die einkommensschwachen Haushalte in der Regel nicht trifft. Wer dagegen Hunderttausende Euro für ein Eigenheims ausgibt, wird die paar Hundert Euro Grunderwerbssteuer auch noch übrig haben.

Bliebe die Frage, ob eine höhere Grunderwerbssteuer den im Berliner Umland notwendigen Wohnungsbau bremst. Dafür sieht das Potsdamer Finanzministerium keinen Beleg. 172,1 Millionen Euro Grunderwerbssteuer habe Brandenburg im vergangenen Jahr eingenommen, erläutert Ministeriumssprecherin Ingrid Mattern. Als die Grunderwerbssteuer 2011 von 3,5 auf 5 Prozent angehoben wurde, habe dies keinen erkennbaren Einfluss auf den Grundstücksmarkt gehabt. Im Gegenteil: Die Statistik habe eine steigende Zahl der Verkäufe ausgewiesen. Die Steuererhöhung habe also nicht dazu geführt, dass weniger Grundstücke gekauft und weniger Häuser gebaut worden sind. Auch ein Einfluss der Steuer auf die Mieten sei nicht nachweisbar, betont Mattern. Deswegen sei das Argument von Burkardt »absurd«.

Unterdessen zeichnet sich für die Kommunen bei den Steuereinnahmen eine zweigeteilte Entwicklung ab. Da sie einen Anteil von 20 Prozent der gesamten Steuereinnahmen erhalten, bekommen sie eingedenk der jüngsten Steuerschätzung künftig weniger Geld als geglaubt. Andererseits verbuchen sie nach Darstellung des Finanzressorts Zuwächse bei den Gewerbesteuern. Die Kommunen dürften sich 2014 insgesamt sogar über einen leichten Zuwachs von knapp 16 Millionen Euro freuen, rechnet Minister Görke vor.

Für den Landtagsabgeordneten Uwe Schmidt (SPD) ist die jüngste Steuerschätzung Anlass zu der Forderung, die geplante Reform der Verwaltungsstrukturen rasch anzugehen und so den Grundstein dafür zu legen, dass Land und Kommunen handlungsfähig bleiben. »Es ist nicht davon auszugehen, dass die Steuereinnahmen immer weiter steigen«, warnt Schmidt. »Jetzt zeigt sich, dass es richtig ist, nicht nur einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, sondern die finanziellen Spielräume zu vergrößern.« Seite 11

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