Özdemir: Ziel bleibt Abschaffung des Ehegattensplittings

Steuerregelung sei «riesige sozialpolitische Schweinerei» / Göring-Eckardts Vorstoß stößt auch in NRW auf Widerspruch

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Berlin. Über den Kurs beim Ehegattensplittung gibt es offenbar Streit bei den Grünen. «Das Ziel, das Ehegattensplitting abzuschaffen, bleibt», sagte Parteichef Cem Özdemir der in Berlin erscheinenden «tageszeitung». Özdemir nannte das steuerliche Splitting in der Ehe eine «riesige sozialpolitische Schweinerei» und reagierte damit auf einen Vorstoß von Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Sie hatte es mit Blick auf das enttäuschende Abschneiden der Grünen bei der Bundestagswahl als falsch kritisiert, dass die Partei das Ehegattensplitting streichen wollte. Özdemir räumte ein, dass viele Grünen-Wähler vom Splitting profitierten. Daher sei statt einer sofortigen Abschaffung etwa ein Abschmelzen über einen längeren Zeitraum denkbar. Das Vorhaben sollte so formuliert werden, «dass es auch eine Chance hat, Zustimmung zu finden», sagte Ödemir der «taz».

Der Vorstoß von Göring-Eckardt für einen Erhalt des Ehegattensplittings stieß auch bei den Grünen in Nordrhein-Westfalen auf Widerspruch. In Deutschland werde fast jedes dritte Kind in Familien ohne Trauschein aufwachsen, sagte der nordrhein-westfälische Parteivorsitzende Sven Lehmann im «Kölner Stadt-Anzeiger». «Diese Familien und Alleinerziehende werden durch das Splitting steuerlich schlechter behandelt, während Ehen ohne Kinder milliardenschwer subventioniert werden.» Das sei «zutiefst ungerecht» und entspreche nicht einer modernen Familienförderung. Lehmann plädiert für eine Grundsicherung, die unabhängig von der Lebensform der Eltern jedes Kind in gleicher Höhe fördert. «Zur Finanzierung wollen wir das Ehegattensplitting abschmelzen», sagte er.

Zuvor hatte bereits der Vorsitzende der Grünen Jugend, Felix Banaszak, Göring-Eckardts Vorstoß kritisiert. Er wolle das Ehegattensplitting weiter abschaffen«, sagte der Grünenpolitiker auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Dies sei »aus steuer- und frauenpolitischen Gründen« weiter sinnvoll. »Lasst uns nachdenken über tatsächliche Kinderförderung statt abhängigkeitsfördernde Instrumente zu bewahren«, so Banaszak. Ein »Kniefall vor den Beharrungskräften des Patriarchats« sei »keine programmatische Weiterentwicklung«. Der grüne Sozialpolitiker Wolfgang Strengmann-Kuhn sagte, »das Ehegattensplitting war und ist falsch«. Es müsse aber so abgeschafft werden, dass Familien nicht schlechter gestellt werden.

Beim sogenannten Ehegattensplitting wird das zu versteuernde Einkommen beider Ehepartner zusammengerechnet, dann halbiert und dann auf jede Hälfte die Einkommenssteuer angerechnet. Durch dieses Splitting-Verfahren wird die Besteuerung nicht nach der Leistungsfähigkeit des Einzelnen errechnet, sondern für das Ehepaar als Wirtschaftsgemeinschaft. epd/nd

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