Ebola wütet in Westafrika

Viruserkrankung trifft auf miserable Versorgung und mangelndes Vertrauen in Ärzte

  • Marc Engelhardt, Genf
  • Lesedauer: 3 Min.
In Westafrika sind in den letzten Wochen fast 500 Menschen an Ebola gestorben. Grund für die bislang schwerste Epidemie ihrer Art sind katastrophale Gesundheitssysteme in den betroffenen Ländern.

Wenn Pathos alleine Ebola heilen könnte, die bislang schwerste Epidemie mit der Viruserkrankung wäre nach dem Sondergipfel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Ghanas Hauptstadt Accra diese Woche Geschichte. »Ihre Führungsrolle ist entscheidend, um Vorbeugung und Eindämmung der Epidemie zu gewährleisten«, beschwört der WHO-Regionaldirektor für Afrika, Luis Sambo, Gesundheitsminister aus elf westafrikanischen Ländern. »Ich rufe Sie auf, entsenden Sie Personal und schichten Sie Mittel um, damit in den betroffenen Regionen alles Nötige und Mögliche getan werden kann.«

Deutliche Worte für einen Diplomaten, und das hat seinen Grund. In Westafrika tobt derzeit die schwerste jemals beobachtete Ebola-Epidemie. Das unheilbare hämorrhagische Fieber mit extrem hohen Todesraten hat sich bereits bis in dicht besiedelte Hauptstädte ausgebreitet. Außer Kontrolle sei das Virus, warnt etwa Bart Janssens, Direktor von Ärzte ohne Grenzen. Mindestens 467 Todesfälle in drei Ländern - Guinea, Sierra Leone und Liberia - sind bisher bestätigt, weitere Hunderte könnten hinzukommen.

Schon vor dem Ausbruch von Ebola - eine Krankheit, die bis vor wenigen Monaten in Westafrika unbekannt war - haben Kranke sich nicht mehr auf staatliche Krankenhäuser verlassen können. Sulehun etwa ist ein kleines Dorf, eine knappe Tagesfahrt von Sierra Leones Hauptstadt Freetown entfernt. Brüchige, windschiefe Lehmhütten stehen hier verstreut entlang der staubigen Lateritpiste. Mami Bockarie, Mutter von fünf Kindern, sitzt vor ihrem Haus in der schnell schwindenden Abendsonne und wäscht Reis. Jede Spur von Zivilisation scheint weit entfernt. Auch deshalb haben Krankheiten hier noch nichts von ihrem ursprünglichen Schrecken verloren. »Wenn ein Kind im Dorf Lungenentzündung bekommt, und das passiert oft, dann stirbt es«, sagt sie.

So ergeht es Tausenden Müttern in Sierra Leone jedes Jahr. Nur vier von fünf Kindern werden hier älter als fünf Jahre. Sofani Fofana, Arzt in der kleinen Krankenstation von Sulehun, hält Unwissenheit für einen Grund. Mehr als zehn Jahre nach Ende des Bürgerkriegs in Sierra Leone kann nicht einmal jeder Zweite im Land lesen und schreiben. »Viele Eltern gehen mit ihren Kindern nach wie vor zuerst zum Dorfheiler«, sagt er. Andere versuchen, ihre kranken Kinder mit Medikamentenresten zu versorgen, die sie bei Nachbarn zusammenklauben. Auch deshalb, klagt Fofana, sterben so viele Kinder in seinem Hospital. »Wir behandeln hier mehr als 300 Kinder pro Woche. Manche werden erst gebracht, wenn sie schon sehr, sehr krank sind.« Allerdings muss Fofana zugeben, dass er ohnehin keine Mittel hat, schwere Erkrankungen zu behandeln. »Medikamentenlieferungen bleiben oft monatelang aus, und die Regierung schickt kein Geld.« Korruption ist ein Problem, auch im Gesundheitswesen. Auf eine Epidemie wie Ebola, die eine aufwendige Isolierung von Erkrankten und spezielle Medikamente erfordert, ist man hier nicht vorbereitet.

WHO-Experten wie der Epidemiologe Rob Fowler versuchen, den Mangel vor Ort so gut wie möglich auszugleichen. »Tatsächlich ist Ebola eine Viruserkrankung wie andere auch. Und es ist wichtig, sie zu entmystifizieren«, sagt der Kanadier. Wenn Ebola frühzeitig erkannt werde, könnten Erkrankte geheilt werden. Genauso wichtig sei es, dass Tote nicht - wie traditionell üblich - gewaschen werden, denn Ebola breite sich selbst nach dem Tod noch durch Körperflüssigkeiten aus.

Neben Infrastruktur braucht es vor Ort auch Vertrauen. Viele Kranke, so vermuten WHO-Experten in Genf, trauen sich mit Ebolasymptomen nicht ins Krankenhaus, weil dort so viele Menschen sterben. Dass Kranke aus der Quarantäne zu ihren Heilern flüchten, trägt zur weiteren Ausbreitung bei. Eine schnelle Eindämmung der Ebola-Epidemie in Westafrika ist vor diesem Hintergrund kaum vorstellbar.

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