Widerworte gegen Erdogan

Roland Etzel zu Gaucks Kritik an der Türkei

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 1 Min.

Im deutsch-türkischen Verhältnis fliegen die Fetzen. Das ist weder neu noch verwunderlich, nur dass es während eines Staatsbesuchs passiert. Es war nicht unbedingt diplomatische Gepflogenheit für ein Staatsoberhaupt, seinen Gastgeber für Missstände im Lande zu rüffeln, so wie es Gauck tat, als er rüden Umgang mit nicht handzahmer Justiz und Polizei, Internetsperren und ähnliche Eigenheiten des türkischen Ministerpräsidenten aufs Korn nahm. Berechtigt waren die Vorwürfe allemal.

Spätestens seit Erdogan am Dienstag zurückkeilte und über eine Einmischung Gaucks in innertürkische Angelegenheiten schimpfte, darf man die (un)diplomatische Kühnheit des deutschen Bundespräsidenten nicht nur als in der Sache richtig bewerten, sondern vielleicht auch als ungewollte Retourkutsche für Erdogans politische Ungezogenheiten auf deutschem Boden. Sein unerlaubter Wahlkampf in Berlin, bei dem er gegen stille Absprachen über die türkische Opposition herzog wie in heimischen Gefilden, blieb trotz diskreter Aufforderung ohne die kleinste Abbitte.

Türkische und kurdische politisch Verfolgte und Flüchtlinge erwarten von Deutschland seit langem ein Ende des Kuschelkurses gegenüber den Auswüchsen Erdoganscher Machtpolitik. Ob Gaucks Worte auch deutsche Regierungsmeinung widerspiegeln, ist noch nicht bewiesen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.