Ein Lothar Matthäus mischt mit
Im paradiesischen Costa do Sauípe werden heute die acht Gruppen der WM 2014 ausgelost
Auch Fußballheilige sind gegen Aberglauben nicht gefeit. Pelé, der Größte in der langen Reihe unvergesslicher brasilianischer Ballkünstler, war jedenfalls auch von Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff nicht zu überreden, bei der heutigen Auslosung der WM-Endrundengruppen als »Losfee« zu agieren. »Ich fühle mich nicht wohl dabei, Bälle zu ziehen, und plötzlich ist der Gruppenschlüssel nicht günstig für Brasilien«, so erklärte Pelé seinen Verzicht. Stattdessen ist dem dreimaligen Weltmeister nun eine andere Sonderrolle bei der Auslosung im Badeort Costa do Sauípe zugedacht. Was genau Pelé nun in dem eigens errichteten 9000-Quadratmeter-Zelt veranstalten wird, wurde noch geheimgehalten.
In Vertretung für Pelé soll Cafu auf die Bühne, als einer von acht legendären Spielern aus allen acht Weltmeisternationen: Und wenn Cafu, Zidane und Co. richtig in die Töpfe gelangt haben, sollen acht Gruppen à vier Mannschaften formiert sein, die vom 12. Juni bis 13. Juli 2014 in zwölf WM-Städten um den Titel spielen. Dabei soll pro Gruppe jeweils nur ein Land aus jedem Kontinentalverband vertreten sein, aus Europa maximal zwei Länder pro Gruppe.
Für den dreimaligen Weltmeister Deutschland wird auf der Losbühne von Costa do Sauípe heute tatsächlich Lothar Matthäus die Fußballlegende geben - hierzulande wird man sich womöglich für einen kurzen Moment an die ganz großen Momente erinnern, die er den Fans bei der WM in Italien 1990 bescherte und nicht an all die Peinlichkeiten, die dem Herzogenauracher abseits des Rasens passierten.
Der Modus, nach dem die Nationen auf die Töpfe verteilt wurden, hat für einigen Diskussionsstoff gesorgt. Nicht in Deutschland, da die DFB-Kicker als Weltranglistenzweite sicher dem ersten Lostopf zugeordnet sind - im schlimmsten Fall würden die Gruppengegner beispielsweise Niederlande, Elfenbeinküste und USA heißen. Aber auch eine Kombination Griechenland, Algerien, Iran ist möglich.
Andere europäische Nationen, wie die Niederlande, hingegen hadern mit der FIFA, weil die nicht etwa Frankreich als schlechtplatzierteste von neun europäischen Mannschaften dem Afrika/Südamerika-Topf zugeordnet hat, sondern unter allen neun Europa-Vertretern eine Vorauslosung veranstaltet. Dieses ausgeloste Team wird dann dem Lostopf 2 zugeordnet (siehe Grafik) und bekommt garantiert einen südamerikanischen Gruppenkopf: Dann könnte beispielsweise die Kombination Brasilien, Niederlande, USA, Portugal ausgelost werden. Wetten, dass heute Abend wieder von Todesgruppen die Rede ist?
Der Gastgeber, der neben Deutschland bei den Wettbüros als Topfavorit gilt, hofft bei der Auslosung vor allem auf gefällige Bilder von einem sonnigen, fröhlichen Brasilien: Nach den Unruhen und Protesten beim Confederations Cup im Sommer und dem Stadionunfall in Sao Paulo, wo vergangene Woche zwei Menschen starben, als ein Kran umstürzte, soll die Los-Gala an der Atlantikküste für gute Laune sorgen. Sanddünen, Kokospalmen Regenwald - Costa do Sauípe im Bundesstaat Bahia gilt auch in Brasilien als Sinnbild für Traumurlaub. Alltägliche Probleme wie zu teure Nahverkehrsmittel, Zwangsumsiedlungen und soziale Ungerechtigkeiten werden zumindest heute kaum thematisiert werden.
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