Viele Diebe und ein Schalk

»Spuk im Hochhaus« kommt zurück

  • Marlene Göring
  • Lesedauer: 3 Min.

Merkwürdig vertraut wirkt die zerschlissene Couch. Auch die, die darauf sitzen, erinnern an etwas. Sie heißen Bemme, Ole, Herr Möglein und Frau Vöglein. »Vielen Dank für den Hausgemeinschaftsverbindungskuchen«, sagt Herr Groll strahlend zu Oma Koscholke. Die lächelt zurück und hält sich die Hand vor den Mund, damit das Gebiss an der richtigen Stelle bleibt.

Oma Koscholke ist eigentlich Heidi Zengerle und trägt gar keinen Zahnersatz. Die junge Schauspielerin ist Teil des Theaterensembles, das einen alten Geist wiederaufleben lässt: Ab Freitag wird wieder gespukt im Hochhaus. Allerdings nicht am Originalschauplatz der DDR-Fernsehserie im Hochhaus Nr. 4 am Ostbahnhof, denn da wird gewohnt. Stattdessen im Atelierhaus Prenzlauer Promenade 152 in Pankow. Ab 29. November versuchen dort Jette und August Deibelschmidt, sich von einem 200 Jahre alten Fluch zu befreien - mit guten Taten, die das auferstandene Diebespaar plötzlich in der Zukunft vollbringen muss.

Auch für die Zuschauer ist es eine Zeitreise - in die Vergangenheit. In der DDR treffen Schauspieler und Publikum aufeinander. Kostüme, Geschirr, Mufoti, alles original. Und alles dreht sich um den vergessenen Staat - auch wenn die Witze auf dessen Kosten damals nicht möglich gewesen wären. Der Hochhausspuk ist immer noch klamaukig und schrill, seine unterschwellige Gesellschaftskritik vor allem eine an den Absurditäten des Alltags. »Spannend ist: Viele der Probleme sind dieselben«, sagt Regisseurin Anne Diedering. Herdentrieb, Schadenfreude, Opportunismus, Mobbing, das kenne man heute genauso. Das Stück ist mehr als schwelgende Ostalgie für sie. »Für viele ist das Thema DDR nicht gegessen, viele knabbern noch daran«, meint die junge Frau.

Diedering hat auch die Bühnenfassung geschrieben. C.U. Wiesener, der Schöpfer der TV-Serie, und Günter Meyer, deren Regisseur, haben dazu beigetragen. Im sommerlichen Garten trafen sie sich: »Frau Wiesener versorgte uns mit Kaffee und wir haben die Köpfe rauchen lassen.« Diedering bewundert Wiesener: »Dem sitzt der Schalk im Nacken. Er ist moderner als mancher 20-Jähriger.« Bei der Premiere werden beide dabei sein, genauso wie Helmut Krauss, der Nachbar von Peter Lustig in »Löwenzahn«.

Hochhäuser gibt es viele in Berlin. Für Regisseurin Diedering und ihre Produzentin Eva-Maria Brück-Neufeld war es trotzdem ein monatelanger Kampf, eins zu finden. Schwieriger als bei der Sommerproduktion der beiden - 2012 und auch dieses Jahr haben sie »Spuk unterm Riesenrad« im Spreepark neu inszeniert. Erst Mitte September willigte der Liegenschaftsfonds ein, ihnen Raum in dem langsam verfallenden Atelierhaus zu geben. Es war ihr Wunschobjekt, auch, weil die Theaterleute es wiederbeleben wollen. »Wir sind gerade mal seit zwei Wochen hier drin«, erzählt die Kulturmanagerin. Es gibt noch viel zu tun. Mit Laptop und Handy sitzt Brück-Neufeld inmitten der Baustelle, die der Vorführungssaal sein wird. Sie schaut zur Decke, wo lose Kabel hängen. Heute soll die Feuerwehr zur Abnahme kommen, bis dahin müssen sie in Führungen verlegt sein.

Im Probenraum nebenan ist verschwörerisches Gemurmel zu hören. »Schließt die Augen und sprecht mir nach: Jette und August Deibelschmidt, kommt herbei in schnellem Schritt!« Dann: »Schneller! Du, nach vorn! Und nochmal!«, ruft Regisseurin Diedering dazwischen, überraschend energisch für die zierliche Frau. Die meiste Zeit aber grinst sie breit. Mit der Inszenierung geht ein Traum in Erfüllung. »Ich darf weiterführen, wo ich als Knirps vorm Fernseher saß und heute noch mein Herz dran hängt«, freut sie sich in gedehntem Sächsisch.

Premiere am 29.11., 19 Uhr. Weitere Früh- und Abendvorstellungen bis 29.12. unter www.spuk-im-hochhaus.de

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