Machtprobe

Olaf Standke über die Lage in Ägypten

  • Lesedauer: 2 Min.

Abdelfattah al-Sisi hat sich kürzlich für eine baldige Wiederherstellung der Demokratie in Ägypten ausgesprochen. Der Übergangsprozess müsse schnell ein Ende finden, so der Militärchef. Nur, wann ist das gegeben? Wenn Thomas Cook und Alltours ihre Reisen ans Rote Meer wieder aufnehmen? Mit wie vielen Toten darf so eine Rückkehr belastet sein? Auf über 60 stieg am Montag die Zahl der Toten nach den Unruhen vom Wochenende zwischen Unterstützern des vom Militär abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi und dessen Gegnern.

Tausende Anhänger der Muslimbrüder hatten die Warnung der Übergangsregierung ignoriert und für ihre inzwischen nahezu vollständig inhaftierte Führung demonstriert. Die Bewegung, die nach der vom Volk erzwungenen Abdankung Mubaraks an der Wahlurne siegreich war und mit ihrer Politik dann neue Massenproteste provozierte, ist seit rund zwei Wochen faktisch verboten. Sie suchte die Machtprobe an jenem Tag, an dem sich die Armee 40 Jahre nach dem Oktoberkrieg gegen Israel feiern lassen wollte. Doch unter den heutigen Umständen ist das eben nicht der so gern beschworenen nationale Festtag für »alle Ägypter«. Am Ende gab es einen erneuten blutigen Beleg dafür, wie tief die Gräben im Lande sind. Beide Seiten verweigern sich jeglichem Dialog, Hass dominiert, längst haben die Auseinandersetzungen Alltag und Arbeitsplatz erreicht. Daran wird auch die neue Verfassung wenig ändern, die demnächst vorgelegt werden soll. Denn sie entstand ohne Muslimbrüder.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.