Ruhani gratuliert allen Juden zum Neujahrsfest

Neuer iranischer Präsident schlägt neue Töne an / Deutliche Worte auch gegenüber »engstirnigen« Klerikern

  • Lesedauer: 2 Min.

Teheran (Agenturen/nd). Der iranische Präsident Hassan Ruhani hat in einer ungewöhnlichen Botschaft allen Juden zum Neujahrsfest seine besten Wünsche ausgesprochen. »Während die Sonne hier in Teheran untergeht, wünsche ich allen Juden, besonders den iranischen Juden, ein gesegnetes Rosch Haschana«, stand am Mittwoch in Ruhanis englischsprachigem Twitter-Account.

Der Iran und Israel stehen sich ansonsten nicht nur im Streit um Teherans Atomprogramm bislang unversöhnlich gegenüber. Dass Ruhani ausdrücklich »alle Juden« erwähnte, wird von Beobachtern als deutlicher Wandel im Vergleich zu seinem Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad dar. Der hatte Israel oft in unerträglicher Weise rhetorisch attackiert und das Existenzrecht des Landes in Frage gestellt.

Das jüdische Neujahrsfest Rosch Haschana wird an den ersten zwei Tagen des Monats Tischri im jüdischen Kalender gefeiert, im Jahr 2013 sind dies der 5. und 6. September. Das Fest erinnert an den Bund zwischen Gott und Israel.

Ruhani wies Berichten zufolge bei seiner Antrittsrede auch die Kleriker des einflussreichen Expertenrats in die Schranken. Sein deutlicher Sieg bei der Präsidentenwahl sei eine klare Botschaft des Volkes, sagte er am Mittwoch bei einem ersten Treffen mit dem Verfassungsorgan, dessen Mehrheit zu Ruhanis Kritikern zählt. »Die absolute Mehrheit der Menschen hat mich gewählt, weil ich mich entschieden gegen Extremismus, Gewalt, Instrumentalisierung der Religion und Slogans, deren Kosten dann das Volk bezahlen musste, ausgesprochen habe«, sagte Ruhani. Er bezog sich auf die Politik seines Vorgängers, Mahmud Ahmadinedschad, der vom Expertenrat lange Zeit unterstützt worden war.

Man solle den Menschen die Wahrheit sagen, so Ruhani. Es sei nicht gut, die internationalen Sanktionen im Zusammenhang mit dem Atomstreit zu verharmlosen. Das Haupteinkommen des Landes sei nun mal der Ölexport. Aber wegen der Sanktionen werde pro Tag eine Million Barrel (je 159 Liter) weniger verkauft. Dies belaste sowohl die Wirtschaft als auch das Leben der Menschen, sagte Ruhani.

Der neue Präsident reagierte auch auf die Kritik des Klerus an seiner liberalen Einstellung zu Meinungs- und Pressefreiheit. »Die Menschen haben nun mal Fragen und Zweifel, und man sollte ihnen die Möglichkeit geben, sie auch frei äußern zu dürfen«, sagte Ruhani. Den konservativen Klerikern riet er, nicht länger »engstirnig« mit der Gesellschaft umzugehen, da die ganze Welt jetzt über Internet oder Satellitenfernsehen miteinander verbunden sei.

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