Bett ist Erstausstattung für wachsende Kinder

Urteile von Sozialgerichten

  • Lesedauer: 5 Min.
Braucht ein Kind einer Hartz-IV-Familie ein neues Bett, wenn es zu groß fürs Gitterbett wird? Und wer muss dafür zahlen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Es bejahte die Frage und entschied mit Urteil vom 23. Mai 2013 (Az. B 4 AS 79/12 R) auch, wer dafür zahlen muss.

Hartz-IV-Familien steht für ihre Kinder ein Jugendbett als Erstausstattung zu, wenn das Kinderbett zu klein wird. So der Urteilsspruch des Bundessozialgerichts

Geklagt hatte eine alleinerziehende Mutter aus Freiburg, weil ihr Sohn (3) nicht mehr in das nur 1,40 Meter große Gitterbett passte und somit ein neues Bett benötigte. In den Vorinstanzen war sie mit ihrem Antrag ans Jobcenter noch gescheitert.

Ein Jugendbett sei eine erstmalige Anschaffung und dem Grunde nach angemessen, urteilte das höchste deutsche Sozialgericht. »Der Kläger benötigt zum ersten Mal in seinem Leben ein größeres Bett«, sagte der Vorsitzende Richter.

Die Vertreterin des Jobcenters Freiburg hatte argumentiert, ein Jugendbett sei eine sogenannte Ersatzbeschaffung, da es ja ein Bett gebe: »Bett ist Bett.« Im Hartz-IV-Satz seien monatlich 5,10 Euro für Möbel enthalten. Diese könnten angespart werden, denn die Anschaffung eines größeren Bettes sei absehbar.

Dem folgte das BSG nicht und verwies den Fall zurück ans Landessozialgericht Baden-Württemberg. Dieses muss nun klären, ob die Anschaffungskosten von 272 Euro angemessen waren. Denn bei unangemessen hohen Ausgaben für das Jugendbett könne die Frau keinen vollen Kostenersatz beanspruchen.

Nach der Geburt eines Kindes erhalten Hartz-IV-Empfänger für den Säugling einmalig die notwendige Ausstattung bezahlt, zum Beispiel Möbel und Kleidung. Alle weiteren Kosten müssen sie aus dem Regelsatz decken. »Ich kann mein Kind nicht ein Leben lang im Babybett schlafen lassen«, hatte die Alleinerziehende (41) gesagt.

Das BSG habe sich auf die Seite der Alltagsvernunft gestellt und Nähe zur Lebenswirklichkeit der Menschen bewiesen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. Der Verband hatte mehrfach eine »überzogene Pauschalierung« in den Regelsätzen kritisiert: »Das Urteil ist ein Beleg für das Scheitern des Pauschalierungswahns in Hartz IV.«

Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte den Gesetzgeber auf, aus dem höchstrichterlichen Urteil Konsequenzen zu ziehen. So sollten die Regelsätze auf ein bedarfsgerechtes Niveau erhöht werden. Außerdem sollten Jobcenter die Möglichkeit erhalten, einmalige Leistungen zu gewähren, wie dies vor der Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 der Fall war, verlangte der Verband in Berlin. Unter diese einmaligen Leistungen fielen dann zum Beispiel die Anschaffung großer Haushaltsgeräte, eines Kinderfahrrades oder besondere Kosten im Zusammenhang mit der Einschulung.

2010 hatte das BSG geurteilt, dass Kleidung für Hartz-IV-Kinder aus dem sogenannten Regelsatz zu bezahlen ist. Wenn Schüler aus Hartz-IV-Familien aber erstmals einen Schreibtisch mit Stuhl brauchen, gilt dies als Erstausstattung und wird vom Amt bezahlt. »Die Sache mit dem Bett ist eines der letzten Dinge, die noch nicht geklärt waren«, so der Rechtsanwalt der Klägerin, Malte Crome.

Nach DGB-Angaben erhalten 41 Prozent der Alleinerziehenden Hartz IV. Jedes fünfte Kind in Deutschland wachse bei nur einem Elternteil auf. Das Armutsrisiko sei hier besonders groß.

Bei Energieschulden muss das Jobcenter helfen

Jobcenter müssen Hartz-IV-Empfängern helfen, deren Gas- und Stromversorgung wegen aufgelaufener Schulden gekappt worden ist. Für die Wiederherstellung der Energieversorgung ist die Behörde zur Gewährung eines Darlehens verpflichtet, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem Beschluss vom 13. Mai 2013 (Az. L 2 AS 313/13 B ER).

Damit muss das Jobcenter Münster einem Hartz-IV-Bezieher ein Darlehen in Höhe von rund 3000 Euro zur Tilgung seiner Strom- und Gasschulden gewähren.

Die Stadtwerke hatten wegen der Schulden die Energieversorgung gekappt. Ein Jahr lang bemühte sich der Arbeitslose immer wieder erfolglos um ein Darlehen vom Jobcenter. Dem Arbeitslosen müsse das gewünschte Darlehen gewährt werden, entschied nunmehr das LSG.

Inkontinente haben ein Recht auf dichte Windeln

Windeln müssen auch halten, was sie pflegebedürftigen inkontinenten Menschen versprechen. Die Krankenkasse darf Versicherte nicht auf mangelhafte Produkte ihres Vertragspartners verweisen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem am 15. Mai 2013 veröffentlichen Urteil (Az. L 1 KR 263/11). Andernfalls komme die Kasse nicht ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach, den Versicherten eine ausreichende Versorgung mit dem Hilfsmittel zu gewährleisten.

Geklagt hatte eine mittlerweile verstorbene Frau aus Berlin. Als Erbin verfolgte nun die Tochter die Klage weiter. Ihre pflegebedürftige Mutter war wegen ihrer Inkontinenz auf Windeln angewiesen. Die Krankenkasse verwies die Frau auf günstige Windeln ihres Vertragspartners. Diese waren jedoch wegen einer unzureichenden Passgenauigkeit häufig undicht.

Das LSG entschied, dass die Kasse ihre Versicherten zwar grundsätzlich auf ihren günstigeren Vertragspartner verweisen darf. Dennoch müsse dieser mit seinen Hilfsmitteln eine ausreichende Versorgung sicherstellen. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Daher könne die Klägerin von der Krankenkasse die Kostenübernahme für teurere bessere Windeln verlangen.

Sozialhilfe für behinderten Sohn zahlungskräftiger Eltern

Das Sozialamt darf einem erwachsenen Behinderten nicht die Sozialhilfe verweigern, wenn seine Eltern über gemeinsame Einkünfte von etwas mehr als 100 000 Euro jährlich verfügen, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in einem am 3. Mai 2013 bekanntgegebenen Urteil (Az. B 8 SO 21/11 R).

Geklagt hatte ein 33-jähriger psychisch Kranker aus dem Raum Osnabrück. Der Schwerbehinderte hatte beim Sozialamt Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beantragt. Dabei gab er an, dass seine Eltern über gemeinsame Einkünfte von über 104 000 Euro verfügen.

Das Sozialamt lehnte Hilfeleistungen ab und meinte, dass vielmehr die Eltern Unterhaltszahlungen leisten müssten. Diese hätten gemeinsame Einkünfte von mindestens 100 000 Euro.

Das BSG entschied, das Sozialamt liege falsch. Nach dem Gesetz seien Unterhaltszahlungen erst dann zu leisten, wenn ein einziger Elternteil mindestens 100 000 Euro jährlich verdient. Die Einkünfte beider Eltern dürften nicht zusammengerechnet werden. epd/nd

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